: Frankreich will in Togo eingreifen
■ 300 französische Soldaten nach Benin entsandt/ Ghana mobilisiert Truppen an der Grenze zu Togo Putschisten wollen Hauptstadt Togos in „Schutt und Asche“ legen/ Proteste forderten über 25 Tote
Berlin/Lomé (taz/afp) — Offenbar in Vorbereitung auf eine Militärintervention in Togo hat Frankreich gestern 300 Elitesoldaten seiner in Afrika stationierten „Schnellen Eingreiftruppe“ in den Nachbarstaat Benin entsandt. Ein Sprecher des französischen Außenministeriums sagte, Frankreich sei zu „allen notwenigen Maßnahmen“ zum Schutz der 3.000 französischen Staatsbürger in Togo bereit. Außerdem erklärte er, Paris berücksichtige auch den Demokratisierungsprozeß, der seit drei Monaten in Togo stattfindet.
In Bonner Außenamtskreisen wurde gestern nachmittag spekuliert, ein französischer Einsatz in Togo stünde nur wenige Stunden bevor. Wie erklärt wurde, sehe man deshalb keine Notwendigkeit, eigene Maßnahmen zur Evakuierung der Deutschen in Togo zu ergreifen.
Die Situation in Togo selbst blieb äußerst gespannt. Nach den schweren Straßenkämpfen im der Hauptstadt Lomé zwischen putschenden Militärs und Mitgliedern der regierungstreuen „Ekpemog“-Volksmiliz, die bis Donnerstag früh mindestens 25 Tote forderten, blieben gestern die Straßen weitgehend leer. Nach Augenzeugenberichten herrscht unter der Bevölkerung große Angst. Die Putschisten, die nach wie vor den Amtssitz von Premierminister Koffigoh umstellt halten, hatten am Mittwoch abend eine von sechs Uhr abends bis fünf Uhr früh geltende Ausgangssperre dekretiert. Während dieser Zeit durchzogen Soldaten die Vorstädte Lomés. Zwei Menschen wurden in der Nacht erschossen.
Als Reaktion auf die den ganzen Mittwoch anhaltenden Zusammenstöße hatte das benachbarte Ghana am Abend seine Armee in Alarmbereitschaft versetzt und Truppen an die am Stadtrand von Lomé verlaufende gemeinsame Grenze verlegt. In Ghanas Hauptstadt Accra hieß es, man wolle auf einen Flüchtlingsstrom aus Togo vorbereitet sein; ferner mache sich die Regierung Sorgen um die in Togo lebenden Ghanaer. Die Grenze beider Länder verläuft mitten durch das Siedlungsgebiet des Ewe-Volkes, das in Togo der Hauptträger der Demokratiebewegung und der Koffigoh-treuen Volksmilizen ist. Ghana diente ferner in der Zeit der Eyadema-Diktatur togolesischen Oppositionellen als Zufluchtsort.
Die Befürchtungen Ghanas sind durchaus begründet. Die Putschisten hatten am Mittwoch abend über die von ihnen besetzte Radiostation eine scharfe Erklärung verlesen, in der sie den einstigen Diktator und jetzigen Staatspräsidenten Gnassingbe Eyadema aufforderten, „einen durchsetzungsfähigen Mann mit der Bildung einer neuen Regierung“ zu beauftragten. „Falls nicht, wird die gesamte Stadt in Schutt und Asche gelegt — je eher, desto besser.“
Gestern morgen wurde dann Premierminister Koffigoh ultimativ aufgefordert, binnen 48 Stunden — also bis Samstag früh — zum Rapport im Armeehauptquartier zu erscheinen. Wie nicht anders zu erwarten, wies Koffigoh dieses Ultimatum zurück. Eyadema ergriff unterdessen die Gelegenheit, sich als Mittler zwischen den Fronten zu betätigen und dadurch sein ramponiertes Image als Vater der Nation aufzubessern: Er traf hintereinander mit Koffigoh und den Putschisten zusammen. Einzelheiten über die Gespräche wurden nicht bekannt. Es steht jedoch zu vermuten, daß Eyadema den seit Ende August amtierenden Koffigoh zu Konzessionen gegenüber dem Militär zwingen will, ihm gleichzeitig jedoch den Verbleib im Amt ermöglicht.
Anführer der Putschisten, die nach Berichten aus Lomé nur etwa 200 Mann stark sind, ist Kommandant Narcisse Yoma Djoua, dessen „Schwarze Barette“ genannte Spezialeinheit „FIR“ unter den Bewohnern der Hauptstadt gefürchtet ist. Sie spielte eine Hauptrolle bei der Niederschlagung von Protesten gegen die Diktatur im Frühjahr dieses Jahres. Ein Auslöser für die damaligen Demonstrationen war der Tod eines Kindes, das unter die Räder eines FIR-Militärwagens geriet. Gegen Djoua laufen derzeit wegen dieses Vorfalles gerichtliche Ermittlungen. Weiterhin wird er angeklagt, mit zwei anderen Armeeoffizieren am 2.November die Entführung von Premierminister Koffigoh versucht zu haben. D.J.
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