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Bundestag setzt Verfassungskommission ein

■ Eine Kommission soll Änderungen des Grundgesetzes ausarbeiten, die sich durch die Einheit ergeben

Bonn (taz) — „Der Verfassungsausschuß droht seiner Aufgabe nicht gerecht zu werden.“ Das erklärte Wolfgang Ullmann, Abgeordneter des Bündnis' 90, für das „Kuratorium für einen demokratisch verfaßten Bund deutscher Länder“. Das Verfahren zur Überführung des Grundgesetzes in eine gesamtdeutsche Verfassung kranke an einem schweren Konstruktionsfehler. Der Verfassungsausschuß von Bundestag und Bundesrat sei nämlich im Niemandsland zwischen Parlament und einer verfassungsgebenden Versammlung angesiedelt, über seine Rolle sei Dauerstreit zu befürchten. Bis zum 31. März 1993 soll dieser Verfassungsausschuß, der sich aus je 32 Vertretern von Bundestag und Bundesrat zusammensetzen soll, Vorschläge zur Änderung des Grundgesetzes vorlegen. Dies hatte der Bundestag beschlossen. Der Stimmenverteilungs-Schlüssel im Verfassungsausschuß: CDU/CSU schicken 15, SPD 11, FDP 4, Bündnis 90 und PDS je einen Bundestagsabgeordneten. Der Bundesrat stimmte der gemeinsamen Verfassungskommission gestern zu.

Der Verfassungsrechtler Hans- Peter Schneider, der an einem Verfassungsentwurf des Kuratoriums mitgewirkt hat, kritisierte die Strategie der Koalition. Mit dem Anschluß der Ex-DDR sei ein neuer Staat entstanden, deshalb stehe der verfassungsgebende Akt dafür noch aus. Die Koalition versuche darüber hinwegzutäuschen. Mit dem Ausschuß ginge man jedoch über das Verfahren einer bloßen Verfassungsänderung hinaus. Das Kuratorium fordert deshalb, „daß das deutsche Volk in seiner Gesamtheit zu der im Einigungsvertrag vereinbarten neuen deutschen Verfassung sein Ja-Wort in der Form eines Volksentscheides geben muß“. Das Kuratorium appelliert an die Mitglieder des Verfassungsausschusses, Bürger an der Diskussion über eine neue Verfassung teilhaben zu lassen. Die vorgesehene Zeitspanne für die inhaltlichen Beratungen sei zu kurz. Der Verfassungsausschuß müsse grundsätzlich öffentlich tagen. Initiativen aus der Bevölkerung zur Verfassungsreform seien zu berücksichtigen. Bei Sammelpetitionen könne man ein Anhörungsrecht vorsehen, dazu nicht nur Experten laden, sondern auch Vertreter gesellschaftlicher Gruppen. Hauptstreitpunkt der inhaltlichen Diskussionen wird die Frage nach dem zugrundeliegenden Demokratieverständnis sein. „Die Frage ist, ob alle Staatsgewalt nur durch Wahlen oder auch ergänzt durch Volksabstimmungen ausgeht“, erklärte Ullmann. Ingo Zander

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