: Fällt Fink doch ins Stasi-Loch?
■ Prominente und Kollegen solidarisieren sich mit ihrem fristlos entlassenen Rektor, dem vorgeworfen wird, für die Stasi gearbeitet zu haben. Fink dementiert. Zum ersten Mal gab es gestern zwischen Gauck...
Fällt Fink doch ins Stasi-Loch? Prominente und Kollegen solidarisieren sich mit ihrem fristlos entlassenen Rektor, dem vorgeworfen wird, für die Stasi gearbeitet zu haben. Fink dementiert. Zum ersten Mal gab es gestern zwischen Gauck und den Betroffenen eine öffentliche Diskussion.
Die Universität ist aus Protest im Warnstreik, der Rektor fristlos entlassen und die Zeitungen haben ihre Schlagzeilen. Was und wieviel hat der Rektor der Humboldt-Universität in Berlin, Heinrich Fink, mit dem Staatssicherheitsdienst zu tun gehabt? Jochen Gauck, Chef der Sonderbehörde für die Stasi-Akten, und sein Direktor Hans-Jörg Geiger präzisierten gestern im vollbesetzen Auditorium bei einer öffentlichen Sondersitzung des Konzils der Universität die Aktenlage. Der 56jährige Fink, der gegen sein Entlassung nun mit rechtlichen Schritten vorgehen will, ist nach den Kenntnissen der Gauck-Behörde in insgesamt 12 Akten und Aktenteilen aufgeführt. Unter anderem wurde in den Stasi-Archiven ein Beschluß vom 12. Juni 1968 gefunden, wonach der Theologe Fink als Inoffizieller Mitarbeiter für die Stasi geworben werden sollte. Als Grund für die beabsichtigte Werbung wird in dem Dokument aufgeführt: Die Kontaktperson „verfügt über umfassende Verbindungen“ in nationale und internationale Kreise hinein. Deckname: „Heiner“.
In einem anderen Schriftstück, einem „Index über Personen“, taucht Fink wiederum unter der Registriernummer XV/1827/68 auf. Unter Position Nr.1 ist festgehalten, daß der Vorgang „Fink, Heinrich“, geboren am 31.3.35 mit der gleichen Registriernummer am 6.12.89 gelöscht wurde. Aus einem weiteren Schriftstück, einem Werbungs- und Qualifizierungsplan der Stasi-Hauptabteilung XX/4 vom 12.12.69, wird der Wert des IM „Heiner“ aus Sicht der Stasi deutlich. „Heiner“ sei ein profilierter Vetreter der jüngeren Theologen, der über „wertvolle Verbindungen“ ins Ausland und in die BRD verfüge. Mit dem IM „Heiner“, rühmt der Stasi-Bericht, habe sich „eine gute Zusammenarbeit entwickelt“. Vorgeschlagen wurde, ihn „in wichtigen kirchlichen Gremien tätig werden zu lassen“.
In der emotional geladenen Debatte, die auch in den Kinosaal der Universität übertragen wurde, hatte Heinrich Fink zuvor wiederholt jede willentliche Zusammenarbeit mit der Stasi vehement bestritten: Er habe „weder eine Unterschrift noch irgendwelchen Handlungen zur Bereitschaft“ geleistet.
In ungewöhlich scharfer Form wies Gauck zu Beginn seiner Ausführung die Angriffe auf seine Behörde zurück. Für seine Bemerkung, es handele sich um „Proteste einer PDS-gesteuerten Politik“, handelte er sich bei Zuschauern und Konzilsmitgliedern gellende Pfiffe und Rufe ein. Rektor Fink forderte er auf, umgehend seine Behauptung von einer „politisch motivierten Manipulation“ zurückzunehmen. Um in das Auditorium zu gelangen, mußte der Behördenleiter Transparente mit den Aufschriften „Heute Heiner — morgen wir“ oder „Gauck-ler in den Circus“ passieren.
Gauck verwahrten sich auch weiter gegen den Vorwurf, es gebe ein zeitlichen Zusammenhang zwischen der Übermittlung des Prüfberichtes und der anstehenden Wahl eines neuen Universitätsdirektors. Seine Behörde sei „in keiner Weise für die Personalpolitik“ des Berliner Senates verantwortlich. Aufgabe der Sonderbehörde sei ebenso nicht, die in den Akten vorgefundenen Vorgänge zu bewerten. Die Gereiztheit, in der das Treffen am gestrigen Nachmittag stattfand, fand der frühere Rostocker Pfarrer nach eigenem Bekunden aber nicht so sehr verwunderlich. Es sei ein Klima enstanden, im dem auch ehemalige BürgerrechtlerInnen aus der alten DDR „Ursachen und Wirkung dessen, was heute vorgeht, verwechseln“. Wolfgang Gast
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