: Selbstbedienung in der Schulverwaltung
■ Parteifreund von Schulsenator Klemann (CDU) gerät ins Zwielicht/ Referatsleiter Nölle soll Mittel seit Jahren nach Belieben verwendet haben
Berlin. Seit dem 15. Oktober erfreut sich Dr. Peter Nölle einer neuen verantwortungsvollen Tätigkeit. Der Parteifreund von Schulsenator Jürgen Klemann (CDU) wurde von diesem mit der Leitung des eigens geschaffenen Referates »Bildungspolitische Grundsatzangelegenheiten« betraut. Zu seinen neuen Aufgaben gehört auch die »Entwicklung und Initiierung von Modellversuchen«, ein Gebiet, auf dem Nölle bereits reichliche Kenntnisse vorweisen kann. Allerdings sind diese von recht zweifelhafter Qualität. Nölle leitete seit 1986 die Modellversuche unter dem Titel »Japanlexikon« und »Schule und Bildschirmtext«. Das Projekt »Japanlexikon« mit einem Finanzvolumen von 322.400 Mark muß, so eine behördeninterne Einschätzung, »als gescheitert angesehen werden«. Doch auch bei »Schule und Bildschirmtext« — Finanzvolumen 2.605.920 Mark — »gab es Schwierigkeiten mit der Projektleitung, die sich eigenmächtig über sämtliche Vorschriften hinwegsetzen wollte«. Nölles Eigenmächtigkeiten wurden dem Haushaltsreferat der Schulverwaltung zu heiß. Mitte 1989 legte es die weitere Bearbeitung sofort nieder.
Nölle wollte daraufhin die beiden von ihm durchgeführten Modellvorhaben alleinverantwortlich fortführen. Diesem Wunsch entsprach der damalige Staatssekretär Jürgen Dittberner und ernannte Nölle kurzerhand zur sachbearbeitenden Stelle in eigener Sache. Von dieser Zeit an, so wird nun behördenintern moniert, konnte sich der Projektleiter »ungehindert über sämtliche für Modellversuche geltenden Vorschriften hinwegsetzen«.
Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, der die Modellprojekte im wesentlichen finanziert, monierte im Oktober, daß es nicht möglich sei, »daß eine durchführende Stelle oder gar der Projektleiter den eigenen Verwendungsnachweis sowohl erstellt als auch prüft«.
Denn wohin so etwas führen kann, mußten die entsetzten Bundesministerialen beim Modellversuch »Schule und Bildschirmtext« feststellen. Nölle machte anscheinend eigene Bezüge als Berliner Anteil der Projektfinanzierung geltend, um die entsprechenden Bundeszuwendungen zu erlangen. Bis heute hat der Bundesbildungsminister noch keinen Abschlußbericht erhalten, obwohl der bereits am 31.12.1990 fällig war. In Berlin wird derweil amtsintern vermerkt, daß beim Modellversuch Personalstellen als Landesanteil eingesetzt wurden, die nicht im Finanzierungsplan vorgesehen waren. Der Gesamtbetrag für Geräte wurde um 100 Prozent überschritten, der bei Veröffentlichung um 200 Prozent.
Das Haushaltsreferat wurde von Nölle über die Querelen nicht in Kenntnis gesetzt, obwohl eine Arbeitsanweisung dessen Beteiligung bei allen Schreiben, in denen finanzielle Angelegenheiten behandelt werden, vorschreibt. Nölle leitet mittlerweile das Grundsatzreferat, doch wird nach all diesen Zuwiderhandlungen in dem internen Bericht gefragt, wie eine ordnungsgemäße »Entwicklung und Initiierung von Modellversuchen« von diesem Grundsatzreferat aus gesichert sein kann. Dieter Rulff
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