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PRESS-SCHLAGDer Wurm muß raus!

■ Sieben Würmer, und wie die aus dem Münchner Faulapfel rauszukriegen sind

Hach, hach, schon wieder so ein „sagenhaft spannendes Spiel mit vielen schönen und kuriosen Toren“ (Rehhagels Otto) in München und schon wieder ist es der nichtbajuwarische Übungsleiter, der am Ende aus allen Falten grinst. So geht's nicht weiter! Wir lassen uns unsere lieben Bayern doch nicht endgültig zum Gespött der Leut' machen. Die taz forciert daher die Aktion Rettet unsere Bayern! und will mit einer brotzeitmesserscharfen Analyse einen ersten Schritt zur Rekonvaleszenz unserer erklärten Lieblingsledertreter tun. Wir listen auf: Die sieben Hauptwürmer, die im Moment im Bayernapfel knarzen, und wie man die da raus kriegt.

WURM 1: Die Mannschaft spielt einfach zu defensiv! Bereits der alles in allem unvergessene Hennes Weisweiler ließ seine Kicker einfach vorne immer ein Tor mehr schießen, als sie hinten reinbekamen. So konnten Hans-Hubert, Günter und die anderen sich lustig den Laden vollhauen lassen und hatten am Ende trotzdem gewonnen! Die Bayern aber stellen sich hinten rein und kriegen den Sack voll. Das ist natürlich grundlegend falsch. Nun sagt Franzl zwar: „Unsere Stürmer kannst du in der Pfeife rauchen“, doch da sollte er sich mal an seine eigene fassen und sich überlegen, wie alt die eigentlich sind. Na? Genauuuu, gestern kickten Roli Wohlfarth (28) und der kleinschlaue Olaf (25) vorne. Beides Jungspunde. Wo bleibt da die „Erfahrung“? Auf der Strecke, wo sonst!

WURM 2: Das einzig richtige und sehr geniale Prinzip des „Gesundalterns“ dauert zu lange und wird zudem zu lasch und unentschlossen durchgezogen! Zwar hatte man das Durchschnittsalter der Abwehr von „ungefähr 14,5 Jahren“ (Franzl) am Samstag auf 30,2 angehoben, doch spielten mit Kreuzer (26) und Berthold (27) noch immer zwei Halbwüchsige in verantwortungsvoller Position. Das konnte nicht gutgehen! „Wir wollen doch nicht Jugendmeister werden“ hat das Vizefranzl völlig richtig erkannt.

WURM 3: Die blauweiße Disziplin von einst ist wildem Anarchismus gewichen. Der Spieler Ziege (19! brrr!) hatte schon letzte Woche ungeduldig auf seinen Einbau ins bayerische Mittelfeld gewartet. „Lerby hat mir das gesagt, aber nicht gesagt, wann.“ Doch erstens hat Lerby nichts zu sagen, und zweitens kann der Embryo in zwanzig Jahren noch mal nachfragen, aber vorsichtig. Der Spieler Pflügler Hans will sogar nicht mehr länger auf seine Chance warten. Dabei ist der noch nicht mal ganz 32! Der Spieler Sternkopf schließlich verbringt laut Uli Hoeneß „mehr Zeit unterm Fön als auf dem Trainingsplatz“.

WURM 4: Auch der Trainer muß sich dem Prinzip des Gesundalterns unterwerfen. Nun altert Sören Lerby zwar rapide in letzter Zeit, aber das reicht noch nicht (vgl. WURM 2). Jetzt, wo es um die Wurscht geht, werden deren Protagonisten ihn wohl oder übel (eher zweiteres) den Metzgersgang antreten lassen. Mögliche Nachfolger: Dettmar Cramer (66), Tschik Cajkovski (68), Helmut Schön (76).

WURM 5: Ist der Ruf erst ruiniert: Ein Verbrecher als Trainer, ein (möglicherweise vergeistigter) Universitätsprofessor als Präsident, und drei Vizes, von denen einer hauptberuflich pensioniertes Sportheinzl von der 'Süddeutschen‘, der zweite Autoverkäufer und der dritte Assistent von Heribert Faßbender beim Flimmerfunk ist, das könnte sich auf Dauer als vereinsschädigend herauskristallisieren. Gibt es denn keine normalen Leut' mehr? Tankstellenbesitzer wie Uwe Seeler, Sektlieferanten wie Fritze Walter oder anständige Kneipiers wie Schalkes Oscar Siebert oder Herthas Wolfgang Holst?

WURM 6: Es fehlt eindeutig an Vizepräsidenten (vgl. WURM 5). Und dann sind zwei der drei auch noch verdächtig jung, jedenfalls unter der magischen 50er-Grenze. „Erfahrung ist durch nichts zu ersetzen“, hat Fritzl Scherer erst neulich wieder gesagt. Folgende, im übrigen selbstverständlich höchst erfahrene Leut' fast durchweg bayerischer Abstammung (vgl. Rummenigge) müssen daher umgehend und ohne Abstimmung zu Vizes, dritten, vierten und fünften Präsidenten sowie stellvertretenden Platzwarten ernannt werden : Bulle Roth (45), Johnny Hansen (48), Rainer Ohlhauser (50), Adolf Kunstwadl (51), Franz Krauthausen (45), Fritz Kosar (52), Mucki Brenninger (47) und Zipf Dürnberger (38).

WURM 7: Auch das Präsidium muß sich unverzüglich gesundaltern! Die Manschaftsaufstellung für das Spiel in Rostock am kommenden Samstag lautet daher wie folgt: FC Bayern: Wilhelm Neudecker (Präsident), Willi O. Hoffmann (Schatzmeister), Max Merkel (Manager), Sepp Derwall (erfahrener, wenn auch etwas junger Trainer), Sepp Maier (Torheittrainer). Radenkovic (57) — Kunstwadl (51), Del' Haye (36), Kupferschmidt (49), Krauthausen (45) — Oblak (44), Hadewicz (40), Th. Gottschalk (53), Lattek (56), Cajkovski (68), Brigitte Beckenbauer (48?) — Schwarzenbeck (43). Peter Unfried

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