: Geisel-Abkommen unter Dach und Fach?
Beirut (afp) — Über die Freilassung der westlichen Geiseln in Libanon und der arabischen Gefangenen in Israel „und in der Welt“ ist unter Vermittlung der UNO ein umfassendes Abkommen erzielt worden. Das teilte die schiitische Extremistengruppe „Organisation der Revolutionären Gerechtigkeit“ (ORG) am Sonntag morgen in einem Schreiben mit. Die ORG kündigte außerdem an, der Amerikaner Joseph Cicippio solle binnen 48 Stunden auf freien Fuß gesetzt werden. Der 61jährige Cicippio, der als Buchhalter an der amerikanischen Universität von Beirut beschäftigt war, war am 12. September 1986 von der ORG entführt worden.
Bereits gestern mittag ließ die pro- israelische SLA-Miliz 25 arabische Häftlinge aus dem Chiam-Gefängnis im Südlibanon frei. 21 der Freigelassenen wurden aus dem von Israel besetzten Zone ausgewiesen. Die vier anderen, unter ihnen zwei Frauen, konnten nach Hause zurückkehren. Das israelische Verteidigungsministerium gab bekannt, daß die Freilassung auf eine Bitte des UN-Generalsekretärs erfolgt sei, Israel möge mit einer Geste zur umfassenden Lösung des Geiselproblems beitragen.
In dem Schreiben der ORJ hatte es unter anderem gehießen: „Über alle Krisen, die in Zusammenhang mit der Geiselfrage und der Frage der Gefangenen stehen, ist eine Einigung erzielt worden.“ Die Lösung sei „positiv und umfassend und garantiert die Erfüllung der Interessen und Forderungen aller Beteiligten und erlaubt es, dieses Kapitel endgültig abzuschließen.“ Giandomenico Picco, der Sondergesandte des UN-Generalsekretärs, der sich derzeit im Nahen Osten aufhält, habe Garantien für die Einhaltung der Vereinbarungen nach der Freilassung der Geisel gegeben. An den Verhandlungen hätten Syrien, Libanon, Iran und die Entführerorganisationen teilgenommen.
Die Geiselnehmer in Libanon fordern außer der Freilassung arabischer Gefangener in Israel auch, daß libanesische Gefangene auf freien Fuß gesetzt werden, die in europäischen Gefängnissen Haftstrafen verbüßen.
Die bekanntesten unter den Gefangenen sind die in Deutschland rechtskräftig verurteilten Brüder Hamadi. Mohammad Hamadi wurde 1989 wegen der Entführung einer Boeing der Fluggesellschaft TWA und der Ermordung eines Passagiers zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt. Sein älterer Bruder Abbas wurde 1988 wegen Geiselnahme zu 13 Jahren Haft verurteilt. Der iranische Botschafter in Bonn hatte im August erklärt, die beiden deutschen Geiseln Thomas Kemptner und Heinrich Strübig befänden sich in den Händen der Familie Hamadi.
Ferner befinden sich noch drei Amerikaner in den Händen libanesischer Entführer. Ein 1985 verschwundener Italiener, zu dessen Entführung sich niemand bekannt, ist vermutlich tot. Bereits im Jahre 1984 wurden darüber hinaus drei iranische Diplomaten und ein Journalist verschleppt. Seither fehlt von ihnen jede Spur.
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