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Ein Kilo Papier gegen Hetze

■ Asyl und Flüchtlingspolitik in der Schule: 300-Seiten-Materialband für Lehrer

„Das Problem ist nicht ausschließlich ein Problem der Schulen, aber es ist auch ein Problem der Schulen.“ Das Problem heißt Ausländerfeindlichkeit und war gestern Thema von Bildungssenator Henning Scherf. Ein knappes Kilo Argumente gegen Ausländerhetze hat seine Behörde jetzt für den Schulgebrauch auf 300 Seiten zusammengetragen. Der Reader soll als Materialsammlung für den Unterricht in der Sekundarstufe II dienen. „Nicht als Patentrezept, sondern als Angebot für Lehrer, die Material suchen“, erklärte Scherf.

Da ist fast alles drin: Asylverfahrensgesetz und Bürgerschaftsbeschlüsse, Hintergrundartikel aus überregionalen Tageszeitungen und Nachrichten-Magazinen, Schaubilder, Bremen, Kurdistan, Äthiopien, Analysen, Daten, Fakten und Geschichte.

Als einen „klassischen Beitrag der Aufklärungpolitik“ lobte der Leiter des Referates Lernplanung beim Bildungssenator, Wolff Fleischer-Bickmann, das Kompendium. Es sei ein Schritt zur „interkulturellen Erziehung mit dem Mittel der politischen Bildung“.

In welchem Umfang und mit welchem Erfolg der Reader eingesetzt werden kann, hängt jedoch immer noch vom Engagement des Pädagogen ab: „Wissensvermittlung allein kann noch nicht Solidarität erzeugen“, erklärte Herausgeber Gerhard Heidt vom Wissenschaftlichen Institut für Schulpraxis.

Was in dem Kompendium fehlt, sind autentische Dokumente von Rechtsaußen. „Ich bin doch nicht der Köpfe aller Lehrer sicher“, erklärte Herausgeberin Elke Kröning, Lehrerin am Alten Gymnasium. Sie habe vermeiden wollen, daß die Dokumente für falsche Propagandazwecke in der Schule mißbraucht würden. Elke Kröning hatte in den letzten Wochen den Zorn ihrer Kollegen auf sich gezogen, weil sie die Schulen für das verstärkte Auftreten von Ausländerhaß öffentlich verantwortlich gemacht hatte.

Gedruckt wurden von der Arbeitsmappe 500 Exemplare, die in diesen Tagen an die Bremer Schulzentren ausgeliefert werden. Zwei weitere Mappen für die Primarstufen und die Sekundarstufe I sowie für die Berufsschulen sollen folgen. Die aktuelle Reader der Bremer Bildungsbehörde scheinen richtige Renner zu werden: Als die Behörde Anfang des Jahres eine Materialsammlung zum Thema Golfkrieg zusammengestellt hatte, kamen die Bestellungen sogar aus Bayern. mad

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