: Fall Fink: Zwei juristische Verfahren
■ Gert Trube (47) vertritt als einer von drei Anwälten den gekündigten Rektor der Humboldt-Uni
taz: Warum gibt es im Rechtsstreit um die Kündigung von Herrn Fink gleich zwei verschiedene Rechtsstreitigkeiten?
Gert Trube: Herr Fink befindet sich einmal als Hochschullehrer in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis zur Humboldt-Universität, das von der Personalkommission fristlos gekündigt wurde. Herr Fink wird gegen diese Kündigung durch zwei Rechtsanwaltskollgen, die im Arbeitsrecht bewandert sind, beim Arbeitsgericht Kündigungschutzklage erheben. Daneben befindet sich Herr Fink als Rektor der Humboldt-Universität in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis. Hinsichtlich dieses Verhältnisses wird er von mir vertreten.
Herr Fink hat mehrmals erklärt, er halte seine Kündigung für rechtlich unwirksam. Bezieht sich das nun lediglich auf seine Funktion als demokratisch gewählter Rektor?
Das ist eine schwierige Frage. Sie bezieht sich auf beides. Die Kündigung erfolgte nur hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses zwischen Herrn Fink und der Universität. Ob diese Kündigung wirksam oder unwirksam ist, ist vor dem Arbeitsgericht zu klären. Strittig ist, ob allein die Kündigung des privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses auch zur Beendigung der öffentlich-rechtlichen Rechtsstellung von Herrn Fink als Rektor der Humboldt-Universität führt. Die Senatsverwaltung für Wissenschaft und Forschung ist dieser Auffassung. Sie folgert dies aus Paragraph 55 des »Berliner Hochschulgesetzes«. Hier wird unter anderem geregelt, daß das Rechtsverhältnis des Leiters einer Hochschule mit der Beendigung des Beamtenverhältnisses aus sonstigen Gründen endet. Diese Vorschrift kann auf die Humboldt-Universität jedoch nicht direkt angewandt werden, da der Rektor der Humboldt-Universität sich nicht in einem Beamtenverhältnis befindet. Nach den Vorschriften des »Hochschulergänzungsgesetzes« finden allerdings die Bestimmungen des »Berliner Hochschulgesetzes« auch für den Ostteil der Stadt entsprechende Anwendung. Man muß jetzt prüfen, ob der Ausspruch der Kündigung mit einer Beendigung des Beamtenverhältnisses gleichgesetzt werden kann.
Reichen die Stasi-Vorwürfe der Gauck-Behörde aus, um eine Entlassung zu begründen?
Bei einem Beamten könnten diese Vorwürfe schon aus formalen Gründen nicht zu einer Entlassung durch den Dienstherren führen. Nach den Bestimmungen der Landesdisziplinarordnung kann der Dienstherr nicht einseitig eine Entlassung durchführen. Die Entfernung aus dem Dienst kann nur nach einem förmlichen Gerichtsverfahren und durch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts erfolgen, nicht aber einseitig durch eine Entscheidung des Dienstherren.
Ist die schnelle Verfahrensweise, die Wissenschaftssenator Manfred Erhardt (CDU) angewandt hat, um Herrn Fink zu kündigen, rechtlich gedeckt?
Diese Frage ist später vom Arbeitsgericht zu klären. Meines Erachtens ist sie fehlerhaft. Dem Senat für Wissenschaft und Forschung lag lediglich eine Auskunft der Gauck- Behörde vor. Diese Auskunft ist inhaltlich recht dürftig. Ein rechtsstaatliches Verfahren würde gebieten, daß Herrn Fink alle Unterlagen der Gauck-Behörde mitgeteilt würden und er sich dazu äußern kann. Anschließend könnte dann der Dienstherr beziehungsweise Arbeitgeber auf der Grundlage der vollständigen Unterlagen der Gauck-Behörde und der vollständigen Aussage von Herrn Fink erklären, ob die Kündigung nach seiner Auffassung gerechtfertigt ist oder nicht.
Wie beurteilen Sie das Verhalten der Gauck-Behörde?
Es fällt auf, wie lange die Gauck- Behörde für die Auskunft gebraucht hat und wie dürftig sie schließlich ausfiel. In dem Schreiben der Gauck- Behörde wird ausdrücklich vermerkt, daß zur Zeit weiteres Beweismaterial nur durch Rückschlüsse und aufgrung eines aufgefundenen MfS- Jahresplanes geliefert werden kann. Wenn die Behörde sich schon so viel Zeit nimmt: Warum hat sie dann das weitere Beweismaterial nicht ausgewertet? Dann wäre doch eine umfassende Aufklärung möglich gewesen. Interview: Severin Weiland
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