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„Es ist sehr traurig hier“

■ Haitis Militär verschärft die Jagd auf Aristide-Anhänger/ Bald EG-Sanktionen?

Jacmel/Port-au-Prince (wps/ap) — Um 3 Uhr morgens ging das Gymnasium von Jacmel in Flammen auf. Die ganze Nacht hatte ein Trupp von 50 Soldaten, speziell aus Port-au-Prince eingereist, den Ort nach Aristide- Anhängern durchsucht. Vor ihren Gewehrsalven flüchteten sich die Bewohner in ihre Häuser. Während die Schüsse noch andauerten, begann das seit 1860 bestehende „Lycée Pinchinat“, Zufluchtsort für Gegner des Putschistenregimes auf Haiti, zu brennen.

Am nächsten Morgen verhörte das Militär 50 Schüler des Gymnasiums, um die Brandstiftung zu untersuchen. „Wir haben Angst, weil sie uns für alles verantwortlich machen“, sagte einer danach. Ein anderer erzählte, man habe seine Eltern verhaftet, weil „sie für ihre Unterstützung Aristides bekannt waren“.

Jacmel ist gegenwärtig ein Zentrum des Widerstandes gegen die Militärjunta. Mitglieder der „Lavalas“- Bewegung Aristides rufen zu Schulboykotts auf und organisierten am vergangenen Dienstag sogar eine kleine Demonstration — Anlaß für die Ankunft der Soldaten aus der Hauptstadt in der darauffolgenden Nacht.

Noch Tage später, am Wochenende, durchzogen Militärstreifen in Zivil die Küstenstadt von 200.000 Einwohnern. „Sie schießen, gehen in die Häuser, verhaften und schlagen die Menschen“, erzählt eine Bewohnerin, die vor Wochen aus Port-au-Prince nach Jacmel geflüchtet war. „Es ist sehr traurig hier.“

Am Montag beschlossen die Außenminister der EG, die EG-Kommission zur Vorbereitung von Sanktionen gegen Haiti aufzufordern. Eine Delegation der „Organisation Amerikanischer Staaten“ (OAS) hält sich seit Sonntag in Haiti auf, um eine mögliche Lockerung des OAS-Embargos zu prüfen. OAS-Generalsekretär Baena Soares verlangte im Vorfeld der Delegationsreise konkrete Schritte der Putschisten: „Seltsamerweise entdecken die Leute jetzt plötzlich, daß es auf Haiti Armut gibt“, ärgerte er sich. „Es gibt einen orchestrierten Versuch, die Verantwortung dafür den OAS- Mitgliedern zuzuschieben. Die Leute vergessen, daß die OAS ihre Maßnahmen aufgrund des Putsches traf.“

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