: Führende Rolle Pol Pots durch Briefe bestätigt
■ Rote Khmer erstatteten Ex-Diktator laufend Bericht
Phnom Penh (afp) — Die Führer der Roten Khmer erstatten ihrem früheren Chef Pol Pot entgegen anderslautender Behauptungen immer noch regelmäßig Bericht. Das geht aus Briefen hervor, die 'afp‘-Korrespondenten in Phnom Penh nach der Plünderung eines Hauses der Khmer durch eine aufgebrachte Menge entdeckten. Die Leute hatten das Haus überfallen, um sich an den offiziellen Khmer-Führern Khieu Samphan und Son Sen zu rächen. Anschließend plünderten die Demonstranten das Gebäude und zündeten Möbel und Papiere an. Dabei gingen zahlreiche Dokumente in Flammen auf, ein Aktenordner konnte von den Journalisten jedoch gerettet werden. Der Ordner enthielt hand- und maschinegeschriebene Briefe, die an Nummer 87 und Phem adressiert sind. Nach Auskunft des französischen Kambodscha-Experten Christophe Peschoux ist Nummer 87 der Codename für Pol Pot. Die Bedeutung von Phem ist unklar. In den Botschaften werden alle Treffen der Rebellen- Delegation mit der Regierung in Phnom Penh im November ausführlich beschrieben. Die Briefe stammten vom 20., 21. und 22. November und sind alle mit Khieu unterschrieben. Da sich zu dem Zeitpunkt aber erst der Militärchef der Roten Khmer, Son Sen, in Kambodschas Hauptstadt aufhielt, wird angenommen, daß Khieu sein Codename ist, und nicht etwa Khieu Samphan damit gemeint ist. Son Sen war außerdem der einzige Vertreter der Roten Khmer, der bei der Unterzeichnung des Flüchtlingsabkommens mit der Regierung am 21. November anwesend war. Khieu Samphan kam am vergangenen Mittwoch in Phnom Penh an und wurde am selben Tag vertrieben. In den Akten fanden sich weiterhin Beschreibungen des Alltags in Phnom Penh nach zwölf Jahren Bürgerkrieg. So schrieb der vorgebliche Khieu an Nummer 87: „Als ich gestern im Auto saß, stellte ich fest, daß überall Menschen waren.“ Er bemerkt weiter, daß alle gut aussehen. Für den nächsten Brief werden weitere Angaben über Prinz Sihanouk und die Regierung angekündigt. Die Roten Khmer beschäftigten sich den Dokumenten zufolge auch mit der UN-Konvention über Völkermord. Es wurde eine Seite aus dem Text gefunden, auf der Abschnitte unterstrichen waren, unter anderem die Definition von Völkermord, wonach die Absicht zur Ausrottung vorliegen muß. Den Roten Khmer wird vorgeworfen, während ihrer Herrschaft zwischen 1975 und 1979 für den Tod von mehr als einer Million Menschen verantwortlich zu sein. Anfang 1979 wurden sie von vietnamesischen Truppen aus Kambodscha vertrieben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen