Überstürzter Umzug

■ Musikhochschule fürchtet um Lehrbetrieb / „Schildbürgerstreich“ / Warum die Eile?

Jetzt rollen die Möbelwagen: die Musikhochschule, jahrelang in eine enge Villa am Osterdeich gepfercht, zieht um - mitten im laufenden Semester. So ordnete es die Kulturbehörde an, ohne sich mit den Betroffenen abzustimmen. Musik-Studentinnen und Studenten hatten sich schon Mitte November schriftlich beim damaligen Kultursenator Henning Scherf beschwert. Sie befürchten unerträgliche Behinderungen des Lehrbetriebs.

Nachdem sie schon so lange auf die neuen Räumlichkeiten im umgebauten Alten Gymnasium in der Dechanatstraße hätten warten müssen, sei die plötzliche Eile umso weniger angebracht. Wieso könne man, fragen sie, auf einmal nicht mehr bis zu den Semesterferien warten?

Da die Umbauarbeiten in der Dechanatstraße frühestens im Februar abgeschlossen sein werden, sehen sich die StudentInnen gezwungen, auf einer Baustelle zu studieren. Schon ist es zu den ersten Unterrichtsausfällen gekommen.

Auch Fachbereichssprecher Prof. Kurt Seibert hält einen improvisierten Umzug im Semester für einen Schildbürgerstreich. Denn: Bisher sind die neuen Räume nur teilweise fertig; es besteht die Gefahr, daß Instrumente zwischengelagert werden müssen, was neben Ausfällen von Übungszeiten auch erheblich höhere Umzugskosten bewirke. Gegenüber der taz bedauerte Seibert, der Fachbereich sei schlichtweg bei der Planung der Umzugsaktion übergangen worden.

Werner Alfke, der Sprecher des Kultursenators, hielt dagegen: Schon jetzt sei in den neuen Räumen eine größere Fläche renoviert und fertiggestellt als bisher in der alten Villa am Osterdeich zur Verfügung standen. Alfke: „Der Senator wird den Betroffenen persönlich schreiben.“ Das war vor einer Woche. Bisher hat Scherf das aber noch nicht getan.

Jetzt werden Kisten und Klaviere durch die Stadt kutschiert — und zwingende Gründe für den plötzlichen Umzug kann immer noch niemand nennen: In der Finanzbehörde, die für den Raumentwicklungsplan verantwortlich zeichnet, will man sich nicht festlegen.

Für die alte Villa war zunächst eine behördliche Nutzung geplant gewesen, aber für Verwaltungszwecke ist der Bau eher nicht geeignet, so ein Sprecher der Finanzbehörde. Deshalb werde auch darüber nachgedacht, das Gebäude zu verkaufen. Ist vielleicht das der Grund für die Eile? Damit Herr Scherf die Musikdozenten im nächsten Jahr noch bezahlen kann? Juan