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Japan verabschiedet Blauhelm-Gesetz

Trotz heftiger innenpolitischer Widerstände setzt Tokio eine neue außenpolitische Weichenstellung  ■ Aus Tokio Georg Blume

Japan ist Deutschland zuvorgekommen. Nach langen und teilweise hart geführten Debatten verabschiedete das japanische Unterhaus am Dienstag abend ein Gesetz, das den japanischen Truppen die Beteiligung an zukünftigen Blauhelm-Missionen der Vereinten Nationen erlaubt. Die maßgebliche Kammer des Tokioter Parlaments legte damit die Grundlage für eine neue Weichenstellung in der japanischen Außen- und Sicherheitspolitik.

Wenngleich die japanische Blauhelm-Regelung ohne eine Änderung der seit 1946 in Japan gültigen Friedensverfassung zustande kam, bricht der neue Gesetzesgeist dennoch mit der vollkommenen Enthaltsamkeit, die sich das Land bisher in allen militärischen Konflikten außerhalb seiner Grenzen selbst auferlegte.

Nur mit Mühe gelang dem Parlament die Beschlußfassung. War die japanische Regierung noch zu Beginn der Golfkrise mit einem Gesetz zur raschen Truppenentsendung im Parlament gescheitert, so konnte sie sich gegen Ende des Golfkrieges im März mit der zweitgrößten Oppositionspartei, der buddhistischen Sektenpartei „Komei“, auf das nun verabschiedete Blauhelm-Gesetz einigen. Da die vier japanischen Oppositionsparteien im Oberhaus, der zweiten Parlamentskammer, gemeinsam über die Mehrheit verfügen, war die Regierung zumindest auf einen Kompromiß mit der Komei-Partei angewiesen.

Dieser Kompromiß ist freilich auch am Gesetzestext abzulesen. Der enthält eine Reihe von Sonderbedingungen, die für den Fall einer japanischen Blauhelm-Partizipation erfüllt sein müssen: Insbesondere sollen japanische Soldaten nur in Notwehrsituationen von ihren Waffen Gebrauch machen dürfen. Außerdem sollen die japanischen Truppen abgezogen werden, falls ein Waffenstillstandsabkommen endet, das ihren friedlichen Einsatz garantierte. Beide Verfügungen — über den Waffengebrauch und das Ende des Truppeneinsatzes — stehen jedoch nach den Richtlinien der Vereinten Nationen nur dem UN-Befehlshaber einer Blauhelm-Mission zu. Auch in Japan mangelte es deshalb nicht an Kritik, nach der sich die jetzt verabschiedeten Bestimmungen nicht mit den UN- Vorgaben decken.

Dennoch lagen diese Einwände am Rande einer Grundsatzdiskussion, die in Japan immer noch zwei Welten voneinander teilt: 58 Prozent der Japaner sprechen sich bis heute gegen jegliche Entsendung japanischer Soldaten ins Ausland aus. Ebensoviele bezeichnen auch die Beteiligung an Blauhelm-Missionen als „verfassungsmäßig problematisch“. In Artikel 9. legt die Verfassung fest: „Das japanische Volk verzichtet für immer auf den Krieg als souveränes Recht der Nation und die Ausübung oder Androhung von Gewalt als Mittel, internationale Konflikte zu lösen.“

Einer engen Auslegung dieser Prinzipien hat die japanische Regierung im Laufe der Debatten mit dem Konzept des „kollektiven Sicherheitssystems“ widersprochen, an dem sich Japan zur Sicherung des weltweiten Friedens über die Aktionen der Vereinten Nationen beteiligen müsse. Forderungen der Opposition, statt Soldaten nur Zivilisten an nichtmilitärischen Unternehmungen der UNO teilnehmen zu lassen, lehnte die Regierung mit dem eher pragmatischen Hinweis ab, daß Japan auf diese Art nicht den internationalen Anforderungen genügen würde.

Diese haben sich jedoch schon in den vergangenen Tagen als von höchst unterschiedlicher Natur erwiesen. Während der japanische Entschluß in Washington und bei den Vereinten Nationen in New York erwartungsgemäß gelobt wurde, reagierten die asiatischen Nachbarländer geradezu unfreundlich: Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums erinnerte prompt an „Ängste, die sich aus historischen Gründen herleiten“. In Singapur warnte der Verteidigungsminister vor einem Wiedererwachen des japanischen Militarismus. In Seoul hatte erst kürzlich das Weißbuch des Verteidigungsministeriums vor einer neuen „japanischen Bedrohung“ gesprochen.

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