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Nur seine Mutter

■ „Deutsches Mann Geil!“, ein Film von Reinhard Schwabenitzky

Es beginnt als Krimi, entpuppt sich als Komödie, um schließlich als Schwiegermutterklamotte zu verenden. Reinhard Schwabenitzky hat eine Komödie gedreht, die kaum eine Bösartigkeit des deutschen Spießers ausläßt. Aber dann hat er sich doch nicht getraut.

Als Erna Hintermayer verstirbt, greifen ihre ehemaligen Untermieter, Kurti und seine Mutter, die Gelegenheit beim Schopf, sich mittels Erbschleicherei an Haus und Lebensversicherung der Dahingeschiedenen zu sanieren. Die Idee war so gut, und jetzt steht da plötzlich so eine Grete vom Balkan, die sich mit Zeichensprache und einem Dokument als Ilona, Tochter der Verstorbenen, legitimiert.

Kurti — keineswegs ein debiler Vierjähriger, wie der Name suggeriert, eher in den Vierzigern — und seine Mutter sind sprachlos. Wovon sollen sie jetzt Kurtis nagelneuen Kabrioflitzer bezahlen? Das will in Ruhe überlegt sein. Die stumme Bekopftuchte wird kurzerhand ins Schlafzimmer gesperrt und ihrer Kleider beraubt: „Nackert wird sie wohl nicht weglaufen“, spekuliert Mutter scharfsinnig. Während Kurti Ilona wie Frischfleisch begutachtet.

Hanno Pöschl ist als Kurti ein Prachtexemplar dieser schaurigen Mischung aus Spießbürgerlichkeit und deftigem Sexualleben. „Juchhu, schau mal!“ führt sich seine Freundin ein und hebt mitten auf der Einfahrt den Rock über ihr Schamhaar, während Mutter sich naserümpfend abwendet und das Paar in die Kiste hüpft. Schwabenitzky erspart einem nichts.

Kurti und seine Mutter sind ordentliche Leute. Keine glatzköpfigen Unholde mit Hakenkreuztätowierung. Entsprechend subtil sind ihre Bemühungen, Ilona das Erbe abzuschwatzen: „Je mehr Nullen da sind, desto eher unterschreibt sie, wie die Juden“, weiß Mutter und versucht Ilona mit 20.000 Schillingen zu ködern. Kurti schenkt ihr derweil Strapse: „Ganz nackt ist besser, aber fürs erste geht das auch.“

Da die Problemlösung mittels Arsen scheitert und Ilona mit unerwarteter Chuzpe das raffgierige Gespann austrickst, haben die beiden beschlossen, daß Ilona Kurti heiraten muß. Ab da geht dem Film die Luft aus. Während die Mutter sich treu und dem Zuschauer in ihrer schamlosen Gier teuer bleibt, erkennt Kurti, daß „Ausländer auch Gefühle haben“. Und Schwabenitzky glaubt ihm. Die bis dahin scharfsinnige und deshalb komische Beschreibung der ganz normalen Unfähigkeit, einen Ausländer als Menschen wahrzunehmen, gerät zum „Emanzipationskampf“ gegen die herrische Mutter. Unvermittelt findet man sich in einer Peter-Alexander-Schwiegermutter- Klamotte der fünfziger Jahren wieder.

Fazit: Nicht der deutsche Spießbürger ist ausländerfeindlich. Nur seine Mutter. Anja Seeliger

Reinhard Schwabenitzky: Deutsches Mann Geil! Die Geschichte von Ilona und Kurti . Mit Elfi Eschke, Hanno Pöschl und Louise Martini, Österreich 1991, 90 Min.

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