God bless America

■ Gary Edwards oder »Was Sie sicher noch nie sehen wollten!« im Mehringhof-Theater

Wenn einer schon in zu kurzen Hosen auf die Bühne kommt, weiß ich Bescheid. Spack sitzende Anzüge, rote Socken in zu großen Schuhen! Hüten Sie sich vor Kleinkünstlern mit Hochwasser und Quadrattretern. Denn dann ist diese Art Schuh-Plattler-Komik angesagt, bei der man sich immer vor Lachen auf die Schenkel klopft. So gesehen hätte man es früh ahnen können, daß die Gary Edwards-Show The American Play of Life der absolute Heuler ist. Mindestens zehn Zentimeter feines Tuch fehlen dem schnauzbärtigen Amerikaner am unteren Ende seiner Beinkleider, und jedes Gespür für komisches Timing und gute Pointen fehlen ihm auch.

Kaum auf der Bühne, wird es scherzig. Gemeinsam mit Kumpel Jeffrey Lee Mills — spacker Anzug, rote Socken! — verscherbelt Edwards meistbietend sein hektographiertes Programmheft. Dann geht es hurtig medias in res. Was denn unserer Meinung nach »The american way of life« sei, will er wissen. Ich liebe Mitmachtheater. »Coca-Cola, Nike und Stripes!« Bravo. Tellerwäscher werden Millionäre und falsche Cowboys richtig Präsident. Was Sie schon immer über Amerika gedacht haben und sich nie zu sagen trauten: Hier kommt es wirklich auf die Bühne. In unsäglich zähen 90 Minuten, mit alten Gags und viel Musik. Die Story ist simpel, aber schlecht. Eine Dia- Show über das Leben in Amerika, natürlich alles made by Gary Edwards, zeigt, was wir schon wissen. Amerika: Das ist Weißes Haus und Hollywood. Nixon und Miß Doris Day. MM »just wanna be loved by us«, und Buffolo Bill zählt lasso-schwingend mühsam bis drei. So blöd kann doch kein Land sein? Diese Art blödester Nummernkomik mißfällt dann selbst den Pappnasen des Pentagons.

Der böse »General Motors« will dem Ethno-Missionar so richtig an die kulturelle Gurgel. Da gibts kein Halten mehr, das Imperium schlägt zurück. Superwaffe »Captain Amerika« sucht und findet die subversiven Dias, beschert uns so eine Pause, in der dann ein Gutteil der zahlenden Gäste wohlverdient das Weite sucht. Wir tapferen Versprengten in den ersten drei Reihen harren aus. Denn wie heißt es doch so schön: The Show must go on!

Die vage Hoffnung einer Wende wird schwer enttäuscht. Der CIA, eben doch nicht so zentral-intelligent, scheitert schon an der Bühnentreppe, das FBI ist gerne noch viel dümmer. So kommen wir in den wohlfeilen Genuß der »Tennessee-Two«. Mit Mundharmonika und singender Säge reanimieren die zwei Exil-Nordstaatler Edwards & Mills ihr Trauma vom herben Charme des tiefen Südens. Eine Krankenschwester warnt uns vor den Unfällen im Haushalt und sieht selbst wie einer aus. That's entertainment! Das ist komisch. Good bless America.

Und weil diesen Schmalspur-Groucho Marx offensichtlich nichts stoppen kann, muß dann endlich der General mit dem guten Geschmack höchstselbst ans Ruder. Mit Tuba und Trompete macht er der Show den Garaus. Daß wir das noch erleben dürfen. Ein Hoch auf das Heer! Patriots im Blechkonzert. Humta-Humta-Täterätätä! Es lebe die U.S. Army, und mir nie wieder Comedy! (Und Groucho sagt vom Grab aus zu Mr. Edwards: »Ich vergesse nie ein Gesicht, aber in Ihrem Fall werde ich eine Ausnahme machen«, d. Red.) Klaudia Brunst

Mittwochs bis sonntags, 21 Uhr, Mehringhof-Theater, bis 15.12.