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Spiel auf Zeit

■ Die israelische Regierung glaubt, den Amerikanern den Takt vorgeben zu können

Spiel auf Zeit Die israelische Regierung glaubt, den Amerikanern den Takt vorgeben zu können

Die leeren Stühle der Israelis bei den Washingtoner Nahost-Verhandlungen lassen eines leicht vergessen: Jitzak Schamir und seine Regierung waren die eigentlichen Architekten des bilateralen Friedensprozesses, der nach dem festlichen Auftakt in Madrid beginnen sollte. Dennoch stoßen die amerikanischen Regisseure bei der Realisierung dieses Szenarios just in Israel auf heftigen Widerstand. Israelische Oppositionelle behaupten denn auch, der Vorschlag bilateraler Gespräche sei von vornherein nichts als eine Publicity-trächtige Maßnahme zur Demonstration israelischen Friedenswillens gewesen.

Israels Abwesenheit beim ersten Washingtoner Rendezvous sollte vor allem eine Demonstration gegenüber den USA sein. Schamir wollte zeigen, daß „ohne Israel nichts läuft“, daß „wir die entscheidenden fünfzig Prozent bei den Verhandlungen“ sind. Den USA soll jetzt eingebleut werden, daß sie jeden Schritt im voraus mit den Israelis koordinieren müssen, sonst könnten die Verhandlungen jederzeit beendet werden. In den USA weiß man, daß man weiterhin zwischen der israelischen Scylla und der arabischen Charybdis manövrieren muß. Doch die USA werden ihrer eigenen Interessen im Nahen Osten deswegen nicht entsagen. Schließlich sind sie eine Großmacht, nicht Israel, das vielmehr auf die Finanzhilfe der USA — konkret auf die für Ende Januar erwartete Zehn-Milliarden-Dollar-Garantie — angewiesen ist. Man kann davon ausgehen, daß Schamir bis dahin bei der Stange gehalten werden kann, da er sich für eine wie auch immer beschaffene „Beteiligung“ an den Verhandlungen eine Belohnung verspricht. In der verbleibenden Zeit könnte man sogar die Autonomie-Gespräche mit der palästinensischen Delegation beginnen, zumal dabei aus israelischer Sicht keine wesentliche Änderung des Status quo zur Debatte stehen wird.

Früher oder später wird es zu Knesset-Wahlen kommen, im Mai oder im November 1992. Aus ihnen hoffen Schamirs Likud und andere rechtsextremere Koalitionsparteien gestärkt hervorzugehen. Der Wahlkampf, der faktisch bereits begonnen hat, wird den Verhandlungsprozeß, so er denn je über Formalitäten hinaus kommt, über kurz oder lang wieder zum Stillstand bringen. Relevante Entscheidungen werden in dieser Zeit nicht mehr getroffen, zumal man auch in den USA einen Wahlkampf vor sich hat, den man mit mehr Interesse verfolgen wird, als die diplomatischen Verrenkungen im Nahen Osten. George Bush, der viel von seiner Popularität eingebüßt hat, wird mehr innenpolitisch-wirtschaftliche Erfolge vorweisen müssen, als „Durchbrüche“ im israelisch-arabischen Konflikt. In Israel rechnet man also schon jetzt mit einer längeren Atempause. An der traditionellen Hinhaltetaktik Israels bei gleichzeitiger Absicherung des großisraelischen Status quo hat sich derweil nichts geändert. Amos Wollin, Tel Aviv

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