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Protestaktionen von Kurden im Nordirak

Rania/Ankara (taz/ap/afp) — Vor den Hauptquartieren des Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) in den kurdisch- irakischen Städten Sulemaniya und Rania haben Hungerstreiks von rund achtzig kurdischen Flüchtlingen aus der Ölstadt Kirkuk begonnen. Sie fordern, die nach dem Golfkrieg eingerichtete „Schutzzone“ der multinationalen Truppen für die irakischen Kurden aufrechtzuerhalten und nach Süden auf Kirkuk auszudehnen, um weitere Angriffe der irakischen Armee auf die Kurden zu unterbinden.

In allen kurdischen Städten, in denen UN-Wachmannschaften stationiert sind, finden außerdem seit drei Tagen große Solidaritätsdemonstrationen für die Hungerstreikenden statt. In Rania marschierten vorgestern rund zehntausend Menschen zum Hauptquartier des UNHCR, das seither täglich von Zehntausenden umlagert ist.

Rania galt bislang als die sicherste Stadt in Irakisch-Kurdistan, weshalb sich viele Menschen vor den Übergriffen der Armee dorthin geflüchtet hatten. Noch immer leben rund viertausend Menschen unter katastrophalen Bedingungen auf einem Feld vor der Stadt. Es wird mit Tausenden weiterer Flüchtlinge gerechnet, vor allem aus Kirkuk. Von dort kommen täglich Meldungen über Massenverhaftungen. Die Bewohner suchen zu entkommen, doch werden sie oft an Straßensperren des irakischen Militärs festgehalten.

Der Vorsitzende der Patriotischen Union Kurdistans (PUK), Jalal Talabani, hat unterdessen eine internationale Intervention zugunsten der irakischen Kurden gefordert, damit die schätzungsweise 200.000 kurdischen Flüchtlinge im Nordirak wieder in ihre Stadt und Dörfer zurückkehren können.

Ein Sprecher der PUK, Serchil Kasas, teilte am vergangenen Samstag mit, man befinde sich im Besitz von Dokumenten, die belegen, daß die irakische Armee und der Geheimdienst während der letzten Jahre 200.000 Menschen umgebracht haben. „Die irakische Geheimpolizei hat ihre Opfer vor und nach der Hinrichtung fotografiert — und wir haben jetzt diese Bilder“, sagte Kasas. Außerdem belegten die Dokumente, daß zwischen 1986 und März 1991 vier- bis fünftausend kurdische Dörfer im Irak zerstört wurden.

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