Zink, Chitarrone, Orgelpositiv

■ Die Musicalische Compagney spielte Barockes in der Spandauer Nikolaikirche

Holger Eichborn, Zinkenist und Leiter der Musicalischen Compagney, hatte für das traditionelle Adventskonzert des Ensembles in der Spandauer Nikolaikirche ein Sängerquartett mit einer Stadtpfeiferkapelle aus zwei Zinken, drei Posaunen und Generalbaßgruppe kombiniert. Die vertretenen Komponisten Giovanni Gabrieli, Heinrich Schütz und Johann Sebastian Bach markierten als Größen ihrer Zeit verschiedene Stadien in der musikalischen Tradition des Barock.

Entsprechend dem Konzertitel Weihnachtsvesper gelangten unter anderem fünf auf das Fest bezogene Psalmen in deutscher und lateinischer Sprache und ein Magnifikat zur Aufführung. Der Bogen spannte sich von abwechselnd solistischen und doppelchörigen Stücken über vorwiegend vollstimmige Sätze nach der Pause bis zum abschließenden Magnifikat von Schütz, das mit seinem reichen Gebrauch vielfältiger Klangkombinationen den kompositorischen Höhepunkt des Abends bildete.

Leider waren schon in der ersten der beiden vorhergehenden vierstimmigen Bach-Motetten (aus Bach-Werkverzeichnis 121 und 64) Neigungen zum gewichtigen Aussingen von Achtelketten und Koordinationsprobleme zu hören, denen der Leiter durch Taktschlagen zu begegnen versuchte. Zudem werden intonatorische Mängel bei den Colla- parte-gehenden Instrumenten — besonders in den hohen Stimmen deutlich. Diesen leicht chaotischen Eindruck konnte das in den Einsätzen unsichere Magnifikat nicht zurecktrücken.

Andererseits sind auch dabei einzelne Leistungen hervorzuheben, wie das eng an die Textdeklamation des Tenors Harry Geraerts angelehnte sprechende Spiel des Posaunisten in der ersten Bach-Motette. In Congratulemini von Gabrieli glänzte die solistisch agierende Baßgruppe, Wolfgang Katschner mit dem Chitarrone und Klaus Eichhorn am Orgelpositiv, durch interessante Artikulation und dynamisch beweglichen und freien Vortrag. Ich frage mich nur, ob auch die Zuhörerinnen in den letzten Reihen der gut besuchten Kirche dem intimen Musizieren noch zu folgen vermochten.

Die zu Beginn aufgeführte Vertonung des 70. Psalms von Schütz bot Harry Geraerts Gelegenheit, nur von der Baßgruppe begleitet, seine expressive Affektdarstellung zu entfalten. Ralph Popken (Countertenor) berührte besonders in der Schützfassung des 121. Psalms, die nacheinander alle Sänger zu Wort kommen ließ, durch seine selbst im Piano mühelos leichte Höhe und intonatorische Präzision. Von seinem dichten, reichen Ton hob sich das schlanke und tenorable Timbre Kai Wessels (Countertenor) ab, der die ebenmäßige Beherrschung der verschiedenen Farben von Kopf- und Brustregister in Gabrielis Hodie Christus natus est bewies. Die Koloraturen seines Duo-Partners Peter Kooy (Baß) kamen dabei etwas undeutlich an, während er in eher sprechenden Stellen wie im Schlußvers des 2. Psalms, vertont von Schütz, gut zur Geltung gelangte.

Insgesamt hinterließen die solistischen Stücke, in denen der Spontanität einzelner mehr Raum gegeben war, bei mir einen nachhaltigeren Eindruck als die auf Klang- und Prachtentfaltung ausgerichteten Musiken. Der im Programmheft erläuterte Traditionsbezug zwischen Bach und den beiden anderen Komponisten blieb eine musikgeschichtlich richtige Feststellung, ohne daß er beim Zuhören unmittelbar nachvollziehbar gewesen wäre. Gerade die Besetzung, die die zweifache Dimension bewußt außer acht ließ, erhellte den Aspekt der Einzigartigkeit der Bachschen Klangrede.

Dem nicht ganz runden Gesamteindruck entsprechend, dankte das Publikum mit freundlichem Applaus. Steffen Seiferling