: Eisiger Dreck in der Berliner LuftLuftLuft
■ Das rekordverdächtige Hochdruckgebiet »Knut« produziert Kälte und Smoggefahr/ Obdachlose übernachten dennoch draußen oder im Klohaus
Berlin. Je schöner und sonniger die Wintertage, desto schwärzer die Luft: Bis morgen oder übermorgen müssen die BerlinerInnen weiter mit klirrender Kälte und auch mit Smog rechnen. Das herrschende Hochdruckgebiet »Knut« zieht nach Auskunft des Meteorologischen Instituts in Dahlem zwar langsam nach Süddeutschland weiter, doch mildere Lüfte in höheren Lagen verursachen dann eine Inversionswetterlage. Schwache Winde in den bis zu minus acht Grad kalten Nächten lassen die Schadstoffwerte ansteigen. Im Klartext: Smoggefahr. Erst ab Donnerstag oder Freitag wird das Wetter nach Einschätzung der Meteorologen wieder milder, die Temperaturen werden dann wohl wieder über null Grad steigen.
Kaltlufteinbrüche wie dieser seien in der jetzigen Jahreszeit nichts Ungewöhnliches, heißt es aus der Dahlemer Wetterwarte. Rekordverdächtig sei »Knut« aber in anderer Hinsicht: Mit 1048 Hektopascal liegt er nur knapp unter dem höchsten Luftdruckwert, der je in Winterszeiten in Berlin gemessen wurde. Anders als bei einem Hoch im Sommer wird dabei jedoch weniger gute Laune und mehr Nebel und Smog produziert — wegen des schwachen Luftaustausches.
Schlechte Laune dürften aber auch die EiskunstläuferInnen kriegen. Sie müssen ihre Schlittschuhe bis auf weiteres im Schrank lassen, weil die Eisdecken auf den Seen mit einem bis vier Zentimetern noch zu dünn sind und ab morgen oder übermorgen auch wieder auftauen werden.
Mies geht es in der jetzigen Kälte aber vor allem den Obdachlosen. Eine Mitarbeiterin der Wärmestube »Warmer Otto«, die von der Kirchengemeinde Waldenser Straße betrieben wird, wußte von einigen Wohnungslosen zu berichten, die selbst bei dieser beißenden Kälte, in viele Decken gewickelt, noch draußen zu schlafen versuchen oder sich auf Zeitungspapier in Toilettenhäuschen legen. Einmal in der Woche gibt es im Warmen Otto warmes Essen, und dann sei es dort manchmal so voll, daß sie schließen müßten. Aber das sei nicht erst seit den Frostnächten so, sondern »eigentlich seit der Maueröffnung«: Es kämen »immer mehr und immer jüngere Menschen«, darunter auch ein Gutteil Männer aus dem Osten, die früher in der DDR »noch in das Sozialleben eingebunden waren«.
Insgesamt 7.882 Menschen sind nach Zählung der Senatsverwaltung für Soziales derzeit obdachlos. Dunkelziffer unbekannt. Sie werden, so gut es eben geht, über die Bezirke an Notübernachtungsplätze bei freien und kirchlichen Trägern vermittelt. »Niemand muß auf der Parkbank übernachten«, glaubt Sozialsenatorin Ingrid Stahmer (SPD). Unbedeckt auf der Parkbank könnte auch niemand überleben, solange der eisige Knut noch über uns herrscht. usche
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