: Väter
■ betr.: "Väter ohne Kinder", taz vom 3.12.91
betr.: „Väter ohne Kinder“,
taz vom 3.12.91
Ihr Artikel deutet die unglaublichen Methoden an, mit denen uneheliche Väter zum Schweigen gezwungen werden sollen. [...] International steht die Bundesrepublik im Abseits. Alle anderen europäischen Staaten haben die „Kinderapartheid“ längst abgeschafft. Auch weltweit sind wir krasser Außenseiter. Rund 100 Staaten haben die UN-Kinderrechtekonvention vorbehaltlos ratifiziert (das heißt zum Beispiel gemeinsames Sorgerecht). Ein deutsches Kind bleibt schlechtergestellt (rechtlich) als ein Hungerkind in Äthiopien oder Sudan. Peer Hempel, 1.Sprecher Sektion Oldenburg „Dialog zum Wohle des Kindes“
Lieber Mathias, ich bin im Gegensatz zu Dir der Meinung, daß auch ehelichen Vätern das „Sorgerecht“ noch abgesprochen werden sollte, weil sich nämlich 99 Prozent der Familienväter realiter gar nicht (verläßlich) um ihre Kinder kümmern. Tatsächlich machen sie sich alle der Kindesvernachlässigung schuldig (die wenigen Ausnahmen von der Regel kannst du ruhig außen vor lassen, denen werden die Mütter auch den Umgang mit den Kindern nicht verbieten lassen). Nach einer EG-Studie schneiden deutsche Väter da am allerschlechtesten ab. Deren Kinder müssen nämlich erst krank werden, bevor sich 87 Prozent der Väter daran erinnern, daß es nicht nur sie selber gibt. Jeder dritte Vater in der BRD kümmert sich überhaupt nie (noch nicht mal zum Spielen) um seine Kinder. Interessant wird der Nachwuchs für die Väter im Regelfall erst, wenn die Partnerin sich von ihnen scheiden lassen will. Dann fangen sie an, um das Sorgerecht zu kämpfen und zwar genau die Väter, die zuvor jahrelang von der Ehefrau bekniet wurden, sich an der Erziehungsarbeit zu 50 Prozent zu beteiligen. Ich finde es schon entlarvend (und perfide), daß Du (und die Männer der genannten Vereine) immer von Rechten sprichst. Es geht nicht um Rechte, sondern um Pflichten!
Liebe Männer, bevor Ihr auch noch Mitspracherechte bei nichtehelichen Kindern bekommt, müßt Ihr Euch noch gewaltig ändern. Da genügen keine Handvoll Vorzeigeväter. Fangt am besten sofort damit an. Wer Kinder gern hat, hat nämlich alle Kinder gern, nicht nur die eigenen. Engagiert Euch in Eurem Betrieb für kinderfreundliche Arbeitszeiten, die Senkung der 100prozentigen Männerquote auf 50 Prozent, damit Kinder nicht durch die Arbeitslosigkeit der Mutter belastet werden, Spielplätze... eben für eine kinderfreundliche Welt. Das ist allerdings arbeitsaufwendiger als eine Einladung zum Eis. Beate Bergmann, Göttingen
betr.: „Gemeinsames Sorgerecht funktioniert nur freiwillig“,
taz vom 3.12.91
Zu Recht wird eingangs bemerkt, daß das „emotional aufgeheizte Klima“ auch in den VAMV-Kreisen nicht halt macht. So indiziert der Artikel in seinem unklaren und diffusen Ergebnis die alte Frontstellung: Das Augenmerk wird nicht auf das gemeinsame Sorgerecht gelenkt und dessen differenzierte Betrachtung, sondern auf die Fiktion 1.Männer sind nie da, 2.zahlen sie nicht oder unzureichend, 3.wenn sie sich um das Kind kümmern, stören sie uns (Frauen).
Unbestritten ist es Usus, daß den Vätern, die sich überhaupt nicht um das Kind kümmen wollen, nicht das gemeinsame Sorgerecht auferlegt wird. Vielmehr tritt ein ganz anderer Aspekt zum Vorschein: Die unterschiedlichen „Vatertypen“ werden in einen Topf geworfen — von dem zu wenig Zahlenden bis hin zum „Wegläufer“. „Diese abwesenden Väter...“ Hier ist der Ductus unschwer erkennbar. Es geht darum, Indizien dingfest zu machen, um den Vätern das Sorgerecht streitig zu machen. Die Lobby, die sich hier konstituiert, bewegt sich in Richtung negativer Rückschritte — noch vor Prof. Fthenakis, der schon in den siebziger Jahren für adäquate, ethisch begründete und familientherapeutisch sinnvolle Lösungen plädierte.
Damit einhergehend ist auch der tiefenpsychologische Ansatz der Autorin bedenklich: Das Erleben des „Ur-Vaters“, egal wodurch und durch wen er hypostasiert worden ist, was sich in den Kindern manifestiert hat, kann nicht einfach ausgelöscht werden, nach dem Motto „Aus den Augen — aus dem Sinn“. Ebenfalls kann die Kernfamilie nicht als inexistent geleugnet, vergessen und verdrängt werden. Das wäre zu einfach!
Seriöse Therapeuten postulieren keine direktiven Therapieziele, sondern sie begleiten die Entwicklungsphasen eines Menschen zu dem Zeitpunkt, wenn er es wünscht. Offenbar sollen die Wünsche gewisser Mütter unter einem therapeutischen Deckmantel legitimiert werden, weil sie ein bestimmtes oben genanntes Vaterbild aufrechterhalten wollen. Maria Weiser, Dortmund
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