“ASTORIA“ — Schönheit der Nacht

■ Heute abend öffnet es die Pforten, multifunktional

ASTORIA — seit gestern nachmittag prangen die Buchstaben vergnügungssüchtig und knallrot über dem Eingang im Richtweg. Links daneben heißt es ab sofort mittels Bohrer und Hebebühne „Theater-Kasse“ und rechts davon „Arizona-Bar“. Der angestammte Schriftzug „Markthalle“ mußte weichen. Damit ging unwiderruflich das öde Kapitel der einsamen Delikatessen- Stände zu Ende. Eingezogen sind Glamour und Design, Geschmack und Zeitgeist — und so hoffen die BetreiberInnen: klingelnde Kassen, drängelnde Menschenmassen.

Mit Rolltreppen geht's hinauf in den großen Saal, der den bis zu 3.000 möglichen BesucherInnen fast alles sein kann: Riesendisco mit Licht-High-Tech, Theater mit 800 Sesseln, Variete mit intimen kleinen Tischchen. Ein roter Plüschvorhang trennt die Bühne bei Bedarf ab. Eine Etage höher säumt eine schmiedeeiserne Balustrade die Flanken, sie ist von Barhockern umstellt und bietet großzügigen Einblick in den darunterliegenden Saal. Nicht schon für morgen, sondern erst im Februar fertig sein sollen zwei hintere Veranstaltungsräume, durch eine Schallschleuse getrennt:

Der eine für Funk-und Soul- Fans, der andere ein Nacht-Club mit Live-Musik für betagtere Gäste. „Farbige Sängerin, Saxophon, Clubsessel“, umreißt Gründer Achim Grunert das geplante Zubehör. Diese Raumaufteilung ist seine Antwort auf den „segmentierten“ Musikgeschmäcker. Ganze 14 Tresen sind auf den drei Etagen verteilt, mehrere mit grünen Becks's Fässern ausgestattete. Das Bier wird für durchschnittliche vier Mark ausgeschenkt.

Mit Blick auf den Richtweg harrt ein Nacht-Cafe mit gepflegtem Cappuccino-Ambiente: lachsfarbene Wände, schwarze Designer-Sesselchen, sattgrüne Gardienen. Im Erdgeschoß ist die Gastronomie untergebracht: Es gibt wahlweise feine italienische Küche für die gutverdienende Gourmets oder aber Fast-Food- Pizza-plus Pommes für entkräftete jugendliche Discobesucher. „Multifunktionales Veranstaltungszentrum“ umschreibt er das „Astoria“, sein jüngstes und teuerstes Projekt. Seine Lieblingsadjektive dafür: „zeitlos, funktional, dem Zeitgeschmack entsprechend“. Alles ist durchgestylt, selbst die Zigarettenautomaten: sie sind einmalig grau, das „ASTORIA“-Emblem gut lesbar aufgebracht.

Gestern nachmittag wurde noch immer in letzter Hektik gespachtelt und geputzt, wurden Stühle geschleppt, Lichtkugeln mittig aufgehängt. Über 170 Menschen sind angestellt: Spätestens um 20 Uhr sollten alle Gläser einsortiert, alle Fässer angeschlossen sein. Denn 1.500 Auserwählte waren zur inoffiziellen Eröffnung geladen. Für erschwingliche 7 Mark dürfen heute abend ab 21 Uhr auch alle andereren rein und den Unterschied zur „Markthalle“ erspähen und befeiern.

Grunert und seine Kompagnions haben über drei Millionen Mark in das Projekt investiert. Er hatte schon einmal in den 70ern die Nase vor und mit dem „Zeppelin“ die „erste Großdisco der Bundesrepublik auf dem platten Land“ kreiert. Ein Veranstaltungszentrum wie das „Astoria“, so Grunert über sein neustes Projekt, „gibt es mit dieser Konsequenz nirgends“. Das sei auf seinem Mist gewachsen und nirgendwo abgeguckt. Grunert: „Ob die Bremer das annehmen, weiß man erst nach einem halben Jahr.“ B.D.

Astoria-Programm: Wochenends ab 21 Uhr Disco:

In der Woche findet das erste Konzert statt am Dienstag, den 17. Dezember: Manfred Mann's Earth- Band

Dann am Mittwoch, den 18. Dezember, der erste Theater-Abend im Astoria: Walter Bockmayer.

Die BesucherInnen werden gebeten, mit Bussen und Bahnen oder zu Fuß anzureisen.

Für Unverbesserliche im PKW wurde eine gesonderte Verkehrsführung ersonnen. Bitte aufpassen.