"Nichts für ungut, George"?

■ betr.: "Der Linken hat es die Sprache verschlagen", taz vom 9.12.91

betr.: dito

„Wenn du paranoid bist, heißt das noch lange nicht, daß sie nicht hinter dir her wären“: jener Anti-Amerikanismus, hinter dem Dan Diner die Strukturen des Antisemitismus wittert, ist berechtigt. Die Bewegung gegen das US-Gemetzel am Golf sah oder spürte, daß hier die verbleibende Supermacht nach dem Panama-Frühstück (mehr Tote als bei der Invasion der Irakis in Kuwait) für alle Aufmucker ein Exempel statuieren und ein machtpolitisches Vakuum in der Ölregion auffüllen würde. Und Friedenslinke erkannten, daß eine „nüchterne“ Beurteilung des Krieges von erzwungenen Sachzwängen und eiligen Rationalisierungen verfälscht und instrumentalisiert wurde. Was heute über die Hintergründe langsam publik wird, zeigt, wie lohnend es war, davon auszugehen, daß amerikanische Regierungsaussagen Propagandahülsen sind, hinter denen wirtschaftliche, imperialistische (der Begriff stinkt, aber stimmt) und wahlstrategische Zusammenhänge zu finden sind. Für manche mag das so klingen wie: „Der Jude lügt, sobald er den Mund aufmacht!“. Aber hier handelt es sich um rassistische Verleumdung, da hingegen um die methodische Vorsichtsmaßnahme kritischer Köpfe, die aus Schaden und Erfahrung ihre Lehren ziehen. (Dem Krupp-Pressesprecher glaube ich auch nicht!) Und was das häßliche Gefühl angeht: nicht jeder ist Buddhist genug, um zynische Massenmörder nicht zu hassen. Die Genfer Konvention verbietet Angriffe auf Zivilisten — Bush ließ von 100 bis 110.000 „sorties“ 60.000 gegen zivile Ziele fliegen. Nichts für ungut, George? Martin Völker, Konstanz