piwik no script img

Nato: Krieg in Europa wieder möglich

■ Kontrolle der Atomwaffen in der ehemaligen UdSSR sei weiter besorgniserregend

Brüssel (afp) — Für die Nato bleibt der Erhalt militärischer Sicherheitsvorkehrungen von „zentraler Bedeutung“. Am Rande des Treffens der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel sagte Bundesverteidigungsminister Gerhard Stoltenberg am Donnerstag, die Krisen in Jugoslawien und anderen Teilen Osteuropas hätten deutlich gemacht, „daß Kriege in Europa wieder möglich sind“. Die Nato will aber auch die Zusammenarbeit mit den osteuropäischen Nachbarn ausbauen, bis hin zu regelmäßigen Treffen mit deren Verteidigungsministern. Besondere Befürchtungen äußerten die Nato-Minister über die Lage in der Sowjetunion. Vor allem müsse die Kontrolle der Atomwaffen geregelt werden, sagte Stoltenberg. US-Präsident Bush sagte dagegen in Washington, er habe in der Frage der Atomwaffenkontrolle „ziemlich gute Zusicherungen“ erhalten.

Darüber hinaus mahnte die Nato die Umsetzung der von der Sowjetunion eingegangenen Abrüstungsvereinbarungen an, insbesondere die Beseitigung der taktischen Atomwaffen. Ein britischer Diplomat betonte, die Allianz könne nicht über die künftige Struktur der sowjetischen Streitkräfte entscheiden, bringe aber ihre Besorgnis zur gegenwärtigen Lage zum Ausdruck. Es gebe das allgemeine Gefühl, daß das Bündnis mehr Kontakte zu den neu entstehenden Republiken aufnimmt, hieß es von britischer Seite weiter. Nach Stoltenbergs Angaben betrachteten es die Verteidigungsminister als notwendig, die Zusammenarbeit mit den Osteuropäern fortzusetzen, um das in den bisherigen Konsultationen Erreichte zu erhalten.

Beiträge der Verteidigungsminister zur Zusammenarbeit mit Osteuropa könnten vor allem die Frage betreffen, wie Streitkräfte in eine demokratische Gesellschaft eingebaut werden. Britische Diplomaten verwiesen darauf, daß in der Sowjetunion das Militär die Kontrolle über ganze Wirtschaftszweige verloren habe und damit auch Versorgungsprobleme drohten. Konkrete Vorschläge für ein Treffen der Verteidigungsminister zwischen Ost und West sollten in Brüssel noch nicht gemacht werden, sagte Stoltenberg. Zuvor sollte Frankreich konsultiert werden, das an den Beratungen der Nato-Verteidigungsminister nicht teilnimmt.

Am Freitag kommender Woche treffen sich in Brüssel die Außenminister der Nato mit denen aller osteuropäischen Staaten. Vertreter Rußlands und der anderen bisherigen Sowjetrepubliken sollen daran nicht teilnehmen. Die Nato-Minister sollten bei ihrem bis Freitag dauernden Treffen im Verteidigungs-Planungsausschuß eine neue Kommandostruktur beschließen, die die Reduzierung der permanent verfügbaren Truppenverbände im Herzen Europas um etwa die Hälfte ermöglichen soll.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen