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Wird eheliche Vergewaltigung strafbar?

■ Mit einem Gesetzentwurf will die SPD-Bundestagsfraktion das Strafrecht reformieren

Berlin (taz) — Wann wird die Vergewaltigung in der Ehe endlich strafbar? Das verlangt jedenfalls ein Gesetzentwurf, mit dem die SPD-Bundestagsfraktion die alte feministische Forderung wieder aufgreift.

Eine ähnliche Initiative hat Hamburg im November über den Bundesrat auf den Weg gebracht, und auch das Justizministerium soll derzeit einen neuen Vorschlag ausbrüten. Neue Bewegung also in der Diskussion um den Vergewaltigungsparagraphen, die in der letzten Legislaturperiode am hartnäckigen Widerstand der Unionsmänner ergebnislos gescheitert war.

Als umfassende „Modernisierung“ versteht die SPD ihren Vorschlag zur Reform der Strafrechtsparagraphen 177 bis 179, die Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und den sexuellen Mißbrauch Widerstandsunfähiger regeln. Daß entsprechende Straftatbestände innerhalb der Ehe einbezogen werden, steht für die SPD als Ziel obenan. Denn, so die SPD, „mit der Heirat verliert die Frau nicht ihr sexuelles Selbstbestimmungsrecht“. Ein juristischer Sonderfall bleibt die eheliche Gewalt allerdings doch, denn bei Aussöhnung zwischen Opfer und Täter kann auf Strafe verzichtet werden.

Der SPD-Entwurf erweitert den Beischlafbegriff um die orale und anale Penetration; Opfer einer Vergewaltigung können nun also auch Männer sein. Nicht mehr „Gewalt“ und die „Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben“, sondern die „Ausnutzung einer hilflosen Lage“ des Opfers reicht zum Straftatbestand der Vergewaltigung. Die klare Formulierung „gegen den Willen“ des Opfers, die die SPD-Frauen gern gesehen hätten, fand bei den Rechtsexperten der Fraktion keine Gnade: das sei „strafrechtlich nicht handhabbar“. Ob das Nein des Opfers die entscheidende Strafrechtsnorm sein muß, wird sicher zu den Streitfragen der parlamentarischen Beratungen gehören. So hatte auch der Ausschuß für Frauen und Jugend zum Hamburger Bundesratsantrag die Definition „gegen den Willen“ empfohlen. Doch brisanter wird die Debatte um die Strafandrohung für die eheliche Vergewaltigung. Der SPD-Entwurf hält für den Ehemann die Hintertür offen. „Das Gericht kann die Strafe mildern oder von Strafe absehen, wenn dies im Interesse der Aufrechterhaltung ehelicher oder eheähnlicher Bindungen zwischen dem Opfer und dem Täter geboten ist.“ Die Entscheidung darüber liegt in der Hand des Richters, denn der SPD-Entwurf sieht eine zweijährige Mindeststrafe vor. Vergewaltigung ist also ein Verbrechen, das von Amts wegen verfolgt werden muß (Offizialdelikt), das Opfer kann eine Strafanzeige nicht einfach zurückziehen.

Der rechtspolitische Sprecher der Fraktion, Hans de With, begründete diese Ausnahme von der Strafbarkeit mit der „Lebenswirklichkeit“ vieler Ehen. Nun stimmt, daß Eheleute sich auch nach Prügeln und Gewalt wieder vertragen und zusammenbleiben. „Lebenswirklichkeit“ ist aber auch, daß diese Aussöhnungen allzuoft nur deswegen zustande kommen, weil die Frauen keine andere Alternative sehen. Und wenn Ehemänner einer Gefängnisstrafe entgehen können, weil ihre Frau die „richtige“ Aussage macht, können Frauen in schreckliche Zwangslagen geraten.

Die Hamburger Initiative schlägt eine ähnliche Regelung vor. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird auch der Entwurf des Justizministeriums für die Vergewaltigung in der Ehe Strafausnahmen vorsehen. Der noch unter Justizminister Engelhard vorgelegte Entwurf hatte die Aufnahme der ehelichen Vergewaltigung in den Strafrechtsparagraphen mit einer Absenkung der Mindeststrafe auf ein Jahr verbunden. Vergewaltigung wäre damit nur Antragsdelikt, das Opfer könnte das Strafverfahren jederzeit beenden — im Falle der ehelichen Versöhnung oder im Falle der erfolgreichen Erpressung der Ehefrau durch den Ehemann. Das Strafmaß für Vergewaltigung hatte in der letzten grünen Fraktion zu heftigem Streit geführt. C.B.

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