: Das Walzer-Imperium
„Die Strauß Dynastie“, sechsteilige TV-Serie, ZDF, 19.30 Uhr ■ Von Manfred Riepe
Zum Ausklang des Mozart-Jahres flimmern nun die Abenteuer der Familie Strauß über die heimischen Bildschirme. Mit 48 Millionen Mark ist der sechsteilige Kostümschinken über Die Strauß Dynastie die derzeit teuerste europäische Filmproduktion.
Als Regisseur zeichnet Serienspezialist Marvin Chomsky (Holocaust). Vom Erfolg der Mozart-Klamotte Amadeus inspiriert, engagierte der Amerikaner den Schreiber Znedek Mahler, der schon das Drehbuch zu Milos Formans psychologischem Historiencocktail verbrochen hat.
Von 1820 bis 1899 umspannt die Handlung zwei Generationen der Strauß-Familie. Im ersten Teil erobert der junge Johann Strauß (Anthony Higgins) mit seinem Freund Josef Lanner (David Yelland) zur Zeit des Biedermeier die Ballsäle und die Herzen Wiens. An ihrer gemeinsamen Liebe Anna Streim (Lisa Harrow) entflammt eine bis in den Tod reichende Rivalität.
Während Lanner zum trunksüchtigen Hofkapellmeister avanciert, flüchtet Walzerkönig Strauß vor der Verantwortung seines außerehelich geborenen Kindes in eine nicht enden wollende Europatournee. In der zweiten Folge (22.Dezember) wird Strauß' ältester Sohn Schani (Stephen McGann) gegen den erbitterten Widerstand des inzwischen nicht mehr mit der Familie lebenden Vaters ebenfalls Musiker und stiehlt dem Alten die Show.
Die dritte Folge (25.Dezember) spielt während der Revolution von 1848. Wegen ihrer verschiedenen Überzeugungen werden Vater und Sohn in gegensätzliche politische Lager gedrängt und figurieren als Repräsentanten unterschiedlicher gesellschaftlicher und sozialer Entwicklungen.
Als überzeugter Royalist tritt Vater Strauß Lanners Nachfolge als Hofkapellmeister an. Die Hoffnungen Schanis, nach dem Tod des Vaters dessen Nachfolge als Hofkapellmeister anzutreten, erfüllen sich nicht. Die Folgen vier bis sechs (am 29.Dezember, 30.Dezember und 1.Januar) präsentieren ein Wechselbad aus musikalischen Triumphzügen, tragischen Liebschaften und familiären Intrigen.
Das Walzer-Imperium der Strauß-Familie gilt als Anfang der Musikindustrie, wie sie heute existiert. Doch diese interessante zeitgeschichtliche Entwicklung wird nur marginal behandelt. Teuer in Szene gesetzter Bombast aus Kostüm und Dekor erschlägt Nuancierungen und läßt nur wenige, der Handlung dienliche Hintergrundbeobachtungen zu.
Ohne differenziert ausgearbeitete Charaktere stehen unablässig breit ausgewalzte Konflikte im Raum, die kaum einen Zugang zu den historischen Figuren ermöglichen. Wenn er nicht den Geigenbogen bewegt, erleben wir Vater Strauß nur als grantigen Kartenspieler oder als apathischen Müßiggänger. Das Genie und seine schmerzhaften Wehwehchen.
Als Historienfilm ist Die Strauß Dynastie sicher zu flach. Doch als Wiener Version des Denver Clan verbreitet die Miniserie Kurzweil im Dreivierteltakt. Mit ihrem ungewöhnlich hohen Budget knüpft die Die Strauß Dynastie an amerikanische Produktionsverhältnisse an. Nicht weniger als 7.000 StatistInnen laufen durchs Bild. 275 Dekorationen wurden angefertigt. Der Rest wurde On Location an 150 Wiener Drehorten abgekurbelt.
Gedreht wurde die Serie natürlich für den internationalen Markt, also in englischer Sprache. Im Gegensatz zum amerikanischen Publikum sehen wir allerdings die Synchronfassung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen