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Grüne setzen Bündnis90 unter Druck

■ Frist für Zusammenarbeit bis Ende 1992 gesetzt/ Volmer: Nur gemeinsam schaffen wir es sicher

Bonn (dpa/afp) — Die Grünen haben das Bündnis 90 aufgefordert, sich bis spätestens Ende nächsten Jahres für eine Zusammenarbeit zu entscheiden. „Wir brauchen dafür Signale, um rechtzeitig die Strategien für den Bundestags-Wahlkampf zu planen“, sagte Vorstandssprecher Ludger Volmer am Montag abend vor Journalisten in Bonn. Seine Partei sei enttäuscht über das beharrliche Schweigen des Bündnis 90. Alle Versuche der Grünen, mit den Bürgerbewegungen der ehemaligen DDR, die seit September den Parteistatus haben, über eine Zusammenarbeit zu sprechen, seien fruchtlos geblieben. Bei Teilen des Bündnisses rege sich vehementer Widerstand. Die Grünen bemühten sich vor allem aus „wahlarithmetischen Gründen“ um die Zusammenarbeit, sagte Volmer. „Gemeinsam ist die Fünf-Prozent-Hürde mit großer Wahrscheinlichkeit zu schaffen, allein schafft es das Bündnis auf keinen Fall, die Grünen vielleicht.“ Den meisten sei noch nicht klar, daß ein erneutes Scheitern der Grünen 1994 aus politischen und finanziellen Gründen eine Auflösung der Partei auf Bundesebene und damit ein Scheitern des grünen Projekts überhaupt bedeuten würde. Grund für die Schwierigkeiten beider Parteien sind nach Ansicht Volmers die unterschiedlichen politischen Ansätze. Die Stimmung unter den Grünen habe sich seit der Wahlniederlage deutlich verbessert, sagte Volmer. „Diejenigen, die Sektiererei im Kopf hatten, sind gegangen“, unterstrich er. Die Ampel-Koalition in Bremen wertete er als Erfolg. Eine Bremer Lösung auf Bundesebene sei aber nach Ansicht des gesamten Vorstands derzeit nicht vorstellbar. „Unsere Strategie auf Bundesebene heißt Rot-Grün“, meinte Volmer. Auf Landesebene sei eine Ampel- Koalition in ganz besonderen Konstellationen denkbar. Der Bundesvorstand ist nach Volmers Worten wegen der personellen Situation überlastet. Die gesamte Parteiarbeit, die zuvor auf 150 Mitarbeiter der Bundestagsfraktion und den Vorstand verteilt gewesen sei, laste nun auf nur 30 Mitarbeitern. Auch mit finanziellen Probleme habe die Partei zu kämpfen. Deshalb könne die Partei ab Januar in Bonn nicht mehr mit einem eigenen Büro präsent sein. Trotz der Schwierigkeiten habe sich die Mitgliederzahl nach einem Verlust von etwa zwei bis drei Prozent bei etwa 40.000 stabilisiert und gebe damit Anlaß zu „verhaltenem Optimismus“, sagte der Vorstandssprecher. Die nächste Bundesversammlung der Grünen findet Mitte Mai 1992 in Berlin statt. Am 1. und 2. Februar trifft sich in Kassel der neugeschaffene „Länderrat“, das höchste Gremium der Grünen zwischen zwei Bundesversammlungen, zu seiner ersten Sitzung.

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