: PDS-Richterin vom Senat abgelehnt
■ Senat lehnt Nominierung von Cathrin Junge ab/ Entscheidung wurde an Richterwahlausschuß rücküberwiesen/ Limbach war dagegen
Berlin. Die Entscheidung war so umstritten, daß sowohl Justizsenatorin Jutta Limbach (SPD) als auch der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) vor die Presse traten, um sie zu verkünden: Der Senat hat auf seiner gestrigen Sitzung die Übernahme der Ostberliner Richterin Cathrin Junge in das Richteramt abgelehnt und den Fall zur erneuten Beurteilung an den Richterwahlausschuß zurückverwiesen. Dieser hatte bereits vor zwei Monaten die Richterin zur Ernennung vorgeschlagen.
Der Senat gab gestern dem Ausschuß auf, bei der nochmaligen Überprüfung besonders darauf zu achten, ob die Kandidatin die Gewähr dafür biete, daß sie auf dem Boden des Grundgesetzes stehe und ihren Personalbogen korrekt ausgefüllt habe. Zudem sollen ihre früheren richterlichen Entscheidungen, die Menschenrechtsfragen berührten, bei der Beurteilung besonders gewürdigt werden. Diepgen erklärte, daß der Senat in diesen drei Fragen »zusätzliche Gewißheit« haben müsse.
Die Justizsenatorin und Vorsitzende des Gremiums konnte die Senatsauffassung jedoch nicht teilen. Sie hatte dem Beschluß nicht zugestimmt. Eine Zustimmung, so Limbach, komme dem Eingeständnis gleich, daß der Richterwahlausschuß nicht eingehend geprüft habe. Die übrigen SPD-Senatoren hingegen beugten sich dem Votum der CDU.
Wegen der Ernennung der Richterin Cathrin Junge hatte es eine wochenlange Auseinandersetzung in der Koalition gegeben. Obgleich die Parteizugehörigkeit kein Beurteilungskriterium sein darf, hielt die CDU der Richterin die Mitgliedschaft in der PDS vor. Außer ihrem Fall wurden in der gestrigen Senatssitzung noch zwei weitere Richterernennungen rücküberwiesen.
Diepgen bekräftigte nochmals seine Auffassung, daß der Senat bei dem Ernennungsverfahren nicht nur beurkundende Funktion habe, »sondern die Verpflichtung, Personalentscheidungen zu treffen«. Demgegenüber betonte Limbach, daß die Landesregierung sich aus politischer Klugheit und aus Respekt vor dem Parlament, das den Richterwahlausschuß benennt, zurückhalten sollte. Kriterium eines eigenen Senatsvotums könne nur sein, daß eine Personalentscheidung »dem Wohl des Staates abträglich« sei.
Junge ist der erste Fall, in dem der Senat eine Entscheidung des Richterwahlausschusses kassiert. Um die Frage, ob er dazu befugt ist, hatte es ebenfalls Auseinandersetzungen gegeben. Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion hatte die Auffassung vertreten, daß der Senat lediglich »Notariatsfunktion« habe, das heißt, daß er einen vom Richterwahlausschuß vorgeschlagenen Kandidaten automatisch ernennen müsse. Der parlamentarische Geschäftsführer der Partei, Helmut Fechner, fand das Vorgehen des Senats hingegen in Ordnung. dr
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen