: „Sehr, sehr starke Zusicherungen“
■ US-Außenminister Baker berichtet auf Nato-Herbsttagung von seinen Gesprächen mit den Republikspräsidenten/ Ukraine will bis zum Jahr 2000 alle Atomwaffen vernichten
Brüssel/Kiew (afp/dpa) — US-Außenminister James Baker hat bei seiner Rundreise durch die bisherigen Republiken der Sowjetunion „sehr, sehr starke Zusicherungen“ über den Erhalt einer ausreichenden Kontrolle der sowjetischen Atomstreitkräfte erhalten. Während des Nato- Außenministertreffens in Brüssel betonte Baker, er sei sehr zufrieden. Nato-Generalsekretär Manfred Wörner hat die Außenminister des westlichen Bündnisses aufgefordert, den Staaten Mittel- und Osteuropas ein „Programm der Zusammenarbeit und der Partnerschaft“ anzubieten. Damit solle die Nato einen Beitrag zur Stabilisierung der Sicherheit dieser Länder leisten, forderte Wörner zum Auftakt der Herbsttagung der Nato-Außenminister. Wörner verwies auf enorme Probleme dieser Länder. Der Übergang zu einer umfassenden Friedensordnung und zur Demokratie werde nicht leicht sein. Am Freitag werden sich die Nato- Außenminister erstmals mit ihren Kollegen aus den früheren Mitgliedsstaaten des Warschauer Paktes und den Außenministern der drei baltischen Staaten treffen. Schewardnardse, der ursprünglich auch nach Brüssel kommen wollte, hat dagegen abgesagt.
Die Nato-Staaten könnten bereits in wenigen Wochen die auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion entstehenden neuen Staaten anerkennen, sagte der belgische Außenminister während des Treffens. Auch Genscher forderte seine Partner auf, diese Entscheidung nicht „auf die lange Bank“ zu schieben. „Es wäre falsch, eine zeitliche Vakanz eintreten zu lassen“, warnte er. Dies würde nur „neue Unsicherheit“ entstehen lassen. Von den Nato-Staaten haben bereits Kanada die Ukraine und Norwegen Rußland anerkannt. Die Türkei hat ihrerseits alle fünf zentralasiatischen Republiken anerkannt.
Bevor Baker in Brüssel eintraf, hatte er als letzte Station in Kiew ein Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Leonid Krawtschuk. Der versicherte ihm, er wolle alle Atomwaffen auf dem Territorium der früheren Sowjetrepublik bis zum Jahr 2000 vernichten. Krawtschuk bat die USA, Experten in die Ukraine zu entsenden, die bei der Vernichtung von Atomwaffen helfen sollen. „Wenn wir es schon in fünf Jahren schaffen, werden wir absolut glücklich sein“, erklärte der Präsident. Zum schnelleren Abbau der Atomwaffen brauche die Ukraine jedoch technische und finanzielle Hilfe.
Aus der Umgebung Bakers verlautete, auch die drei übrigen Republiken — die Russische Föderation, Weißrußland und Kasachstan —, auf deren Gebiet sich weitreichende Kernwaffen befinden, hätten ebenfalls um US-Experten zur Atomwaffenzerstörung nachgefragt.
Ohne den russischen Präsidenten Boris Jelzin namentlich zu nennen, nahm Krawtschuk zu dessen Anspruch auf alleinige Verfügungsgewalt über Atomwaffen der ehemaligen Sowjetunion Stellung: „Sollte jemand den Wunsch haben, die Kontrolle über Atomwaffen in nur eine Hand zu nehmen, wird die Ukraine keine Einwände dagegen haben“, erklärte er. Allerdings stelle Kiew in diesem Fall eine Bedingung: Alle Raketen auf ukrainischem Boden dürfen sich dann nicht mehr in Gefechtsbereitschaft befinden.
Im Gegensatz dazu hatte der Präsident Kasachstans, Nasarbajew, dagegen Baker gegenüber angekündigt, sein Land werde nur dann auf Atomwaffen verzichten, wenn Rußland dies auch tue.
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