piwik no script img

Keine Weihnachtsfrau an Heiligabend

■ Studentische Arbeitsvermittlung „Tusma“ möchte Frauen höchstens als Engel im Wallegewand einsetzen

Berlin. Jetzt sind endlich die wahren Schuldigen entlarvt, die für die ewige Fortsetzung der Männerherrschaft sorgen: die Kinder. Die Studentin Gerlinde S., die sich bei der Studentischen Arbeitsvermittlung „Tusma“ um einen Einsatz als Weihnachtsmann beworben hatte, wurde mit voller patriachalischer Wucht auf ihre angestammte weibliche Rolle zurückverwiesen. »Trotz unserer Bemühungen sind die Familien nicht bereit, eine Frau als Weihnachtsmann zu akzeptieren. Wir können das Risiko leider nicht eingehen, da negative Presse, was in solchen Fällen leider meist passiert, zum Nachteil der ganzen Aktion wäre«, hieß es in dem ablehnenden Brief der Tusma, unterschrieben von zwei »Oberweihnachtsmännern«. Und: »Es wäre doch zu empfehlen, daß Du es nächstes Jahr als Engel versuchst, da dies besser in die Vorstellung der Kinder paßt.« Doch Gerlinde S. möchte kein Engel sein: »Da mußt du dann dem Weihnachtsmann hinterherschlurfen und dir in deinem weißen Wallegewand den Arsch abfrieren.«

Anruf bei der Tusma, die in diesem Jahr 326 Weihnachtsmänner und 67 Engel für Feste in Seniorenheimen, Kindertagesstätten, Krankenhäusern oder auch für den privaten Tannenbaum vermietet. Ein Weihnachtsmann am Telefon zeigte sich »echt betroffen«: »Also, solch eine Ablehnung ist mir neu, ich hab doch erst gestern eine Frau als Weihnachtsmann gesehen. Außerdem hatten wir jahrelang eine Weihnachtsfrau, die echt super war, die war groß und stämmig und hatte 'ne Wahnsinns-Weihnachtsmann-Figur. Aber trotzdem haben viele Kinder erkannt, daß sie 'ne Frau war. Deswegen hat sie auch aufgehört im vorletzten Jahr. Und wir kriegen immer noch unwahrscheinlich oft am Telefon zu hören — 98 Prozent unserer Anrufer sind weiblich —, daß sie keine Frauen haben wollen.«

Da haben wir's: Frauen und Kinder sind die wahren Pfeiler des Patriarchats! Gerlinde S. sollte im nächsten Jahr vielleicht besser als Rächerin der Genervten gehen. usche

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen