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Umweltverschmutzer dürfen nicht straflos ausgehen

■ Carlos Salinas de Gortari, Staatspräsident von Mexiko

Jacques-Yves Costeau: Warum hat der Technologietransfer der reichen Länder an die Entwicklungsländer keine befriedigenden Resultate gebracht, und wie kann man hier einen Ausweg finden?

Salinas: Der Transfer wissenschaftlicher und technologischer Kenntnisse in die Entwicklungsländer hat zum Beispiel im Gesundheitswesen und bei der Kontrolle von Krankheiten großartige Resultate gebracht. Erinnern wir uns nur daran, daß die Sterblichkeit in Lateinamerika in den 50er bis 70er Jahren dank der Verbreitung fortgeschrittener medizinischer Techniken gesunken ist. In anderen Bereichen waren die Erfolge nicht so groß. Dennoch gibt es besondere Fälle von Ländern, in denen sich der Technologietransfer in Informatik und Telekommunikation als sehr erfolgreich erwiesen hat: Das herausragendste Beispiel sind die Schwellenländer im Pazifischen Becken.

Kenichi Fukui: Bedeutet die heutige Entwicklung der Informationstechnologien für einen Staatsmann wie Sie etwas positives? Ist der Mensch angesichts dieser Entwicklung freier oder weniger frei?

Salinas: Wir dürfen nicht vergessen, daß es sich bei den neuen Technologien um Instrumente handelt, die klaren Zielen untergeordnet sein müssen. Mit dem Fortschritt der Informationstechnologien sind auch die Möglichkeiten des Mißbrauchs und des Exzesses gewachsen: Ohne Zweifel muß die internationale Gemeinschaft gemeinsame Wege finden, um den Auswirkungen der neuen Technologien auf die Empfindungen der Individuen und Völker Rechnung zu tragen.

Stephen Jay Gould: Technologie wird systematisch für Krieg und Zerstörung eingesetzt. Was müssen die Staatsmänner tun, um aus der Wissenschaft einen Faktor der humanen Entwicklung zu machen?

Salinas: Der wahre Sinn der Technologie liegt darin, der umfassenden und positiven Entwicklung der Nationen zu dienen. Obwohl es noch regionale Ungleichgewichte gibt, bietet die neue Ausgangslage nach dem Ende des Ost-West-Konflikts zweifellos eine historische Chance für die Völker, der Entwicklung friedlicher und konstruktiver Aktivitäten mehr Ressourcen, Kräfte und Fähigkeiten zu widmen. Aber das kommt nicht von selbst. Wir Regierungen haben heute die Verpflichtung, in unseren Ländern die wissenschaftliche Forschung zu fördern.

Carl Sagan: Was tun Sie als Staatspräsident, damit Mexiko seine Kräfte für den Schutz des Planeten und des menschlichen Lebens einsetzt?

Salinas: In der Umweltfrage brauchen mindestens vier globale Probleme unverzügliche Entscheidungen der internationalen Gemeinschaft: die Energienutzung; der Zugang zu und die Verbreitung von billigen und sauberen neuen Technologien; die Verteidigung und Wiederherstellung der Artenvielfalt; und schließlich die Weltwirtschaftsordnung. Meine Regierung kämpft gegen die Verschmutzung der Luft, des Bodens und des Wassers und fördert einen sauberen Entwicklungsprozeß, der den heutigen und künftigen Generationen der Mexikaner zugute kommt, denn wir wollen die Zerstörung der Umwelt nicht von der Bilanz des Wachstums abziehen müssen. Der globale Niedergang der Umwelt läßt keinen Platz für halbherzige Maßnahmen. Die mexikanische Gesellschaft sieht, daß ihr Wohlstand, ihre Freiheiten und ihre Rechte nicht mehr mit einer sterbenden Umwelt vereinbar sind. Noch weniger toleriert sie, daß Umweltverschmutzer straflos ausgehen.

Vitaly Goldanski: Ist die Entwicklung von Wissenschaft und Technologie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Ihrer Ansicht nach positiv oder negativ zu bewerten?

Ohne Zweifel ist die Entwicklung der Wissenschaft positiv zu bewerten, denn indem sie Produktion und Konsum unserer Gesellschaften revolutionierte, hat sie ihre Fähigkeit demonstriert, gesellschaftlichen Wohlstand zu erzeugen.

Carlos Salinas de Gortari promovierte als Wirtschaftswissenschaftler. 1981 wurde er in Mexiko Haushalts- und Planungsminister. Die Wahlen zum Staatspräsidenten 1988 konnte er nur knapp – und vermutlich nicht ohne Wahlbetrug – für sich entscheiden.

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