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INTERVIEW„Vier Fragen zum Verhältnis Kirche und Stasi“

■ Eduard Berger, seit Januar 1991 Bischof in Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern), zur Stasi-Vergangenheit bei der Kirche

taz: Der Präses der Evangelischen Kirche, Jürgen Schmude, hat die Haltung der Kirche in der früheren DDR verteidigt. Wer die Kirche pauschal der Zusammenarbeit mit der Stasi und SED bezichtige, betreibe Geschichtsklitterung.

Eduard Berger: Da ist immer die Frage, was unter Stasi-Mitarbeit verstanden wird. Sogenannte IMs (informelle Mitarbeiter) gab es tatsächlich nur wenige, der Verrat von Beichtgeheimnissen ist mit Sicherheit die absolute Ausnahme. Natürlich gab es eine Fülle von Gesprächen auf allen Ebenen — mit Staat und Partei. Das ist ganz klar: Wenn man in einem Land lebt, hat man auch mit denen, die da die Macht haben, eine Fülle von Gesprächskontakten. Bei der Zusammenarbeit mit der Stasi hat sich jetzt herausgestellt, daß fast alle Gesprächspartner nicht offen unter Stasi-Firmenschild auftraten.

Wie soll die Aufarbeitung der Zusammenarbeit Kirche-Stasi denn jetzt stattfinden?

Als Aufarbeitung kann man ja gegenwärtig vieles nicht bezeichnen; die Beschäftigung mit Stasi und Kirche ist eher als Kompensation für die innere Verbiegung zu verstehen. Die DDR-Bevölkerung war ja — zum Beispiel durch die sehr hochprozentige Mitgliedschaft in den Staatsorganisationen — insgesamt verstrickt.

Schmude sagt, eine „Kirche im Kampf“ à la Rainer Eppelmann wäre ein schwerer Fehlgriff gewesen.

Kirchenpolitisch hat er recht. Aber die Kirche darf sich nicht nur kirchenpolitisch verhalten, sondern auch klar „entweder oder“ Stellung beziehen; sonst ist sie als Kirche zu nicht mehr viel brauchbar. Aber eine Kirche in der DDR, die einen reinen Widerstandskurs gehalten hätte, wäre erfolglos gewesen und fertiggemacht worden.

Aber halten Sie eine generelle Überprüfung der Pfarrer nicht dennoch für notwendig, um das Vertrauen in die Kirche wiederherzustellen?

Das ist schwierig. Vertrauen ist nicht durch eine Überprüfung allein wiederherzustellen. Aber ich halte es für sinnvoll, und das wird auch passieren, daß die Akten überprüft werden — entweder aufgrund von Verdachtsmomenten oder daß Leute in ihrer Akte Hinweise auf Informanten finden. Und die können ja dann an die Öffentlichkeit gehen.

Aber die Kirchen müssen sich ja auch als Institutionen dazu verhalten.

In der pommerschen Kirche müssen alle Mitarbeiter vier Fragen zu ihrem Verhältnis zur Stasi beantworten. Ein Gremium wird aufgrund dieser Fragebögen Gespräche führen und eventuell die Gauck-Behörde fragen.

Wie gehen Sie denn jetzt damit um, wenn Sie einen IM in der Kirche finden?

Wir müssen jeweils den Einzelfall prüfen. Das wäre genauso, als wenn Sie einen Richter pauschal fragen, was er mit einem Dieb macht. Der wird auch die Umstände prüfen. Es kann dienstrechtliche Konsequenzen haben, vielleicht auch Entlassung, ein Disziplinarverfahren oder sogar strafrechtliche Verfolgung.

Wie ist das Verhältnis von Ost- und West-EKD in diesem Punkt?

Im Westen gibt es Leute, die von sich selbst sagen, daß sie das Stasi-Problem gar nicht angemessen verstehen können. Andere meinen, das Image der gesamten EKD sei gefährdet, wenn nicht eine die Öffentlichkeit befriedigende Behandlung des Problems erfolgt. Aber eine Ost-West-Differenz gibt es da eigentlich nicht — die Meinungen laufen quer Beet in Ost und West.

Wie sah Ihr persönliches Verhältnis zur Stasi aus?

Ich habe mit 21 Jahren 15 Monate im Gefängnis gesessen wegen Republikflucht. So habe ich früh gelernt, mich keinen Illusionen über diesen Staat hinzugeben. Interview: aje

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