: Prozeß gegen Dresdens Ex-OB Berghofer – Vorwürfe gegen Schily
Dresden (ap) — Vor dem Dresdner Bezirksgericht beginnt heute der Prozeß gegen den früheren Oberbügermeister der Stadt, Wolfgang Berghofer. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm nach Angaben von Justizsprecher Winfried Delitzsch Wahlfälschung bei den DDR-Kommunalwahlen von 1989 vor. So habe der damalige SED-Politiker die Zahl der Gegenstimmen von 12 auf 2,5 Prozent heruntermanipuliert und die Wahlbeteiligung um 7 Prozentpunkte auf 98 Prozent nach oben korrigiert.
Berghofer selbst äußerte sich bislang nicht zu den Vorwürfen. Sein Verteidiger, der SPD-Bundestagsabgeordnete Otto Schily, argumentierte dagegen, die Kommunalwahlen seien gar keine „echten Wahlen“ im Sinne rechtsstaatlicher Prinzipien gewesen. Daher seien die Vorwürfe juristisch gegenstandslos. Prominente SPD-Mitglieder, unter ihnen der Fraktionsführer im sächsischen Landtag, Karl Kunckel, und die Dresdner Bundestagsabgeordnete Renate Jäger wiesen Schilys Argumentation indessen scharf zurück.
Kunckel nannte Schilys Ausführungen „politisch instinktlos“. Diese Position sei „ein Schlag ins Gesicht“ all jener Menschen, die 1989 und später um eine Aufdeckung der Wahlmanipulation gerungen hätten. Nach einem Bericht der 'Dresdner Morgenpost‘ wirft die SPD-Bundestagsabgeordnete Renate Jäger Schily vor, die Vorwürfe gegen Berghofer zu bagatellisieren. Protestbriefe in diesem Sinne habe sie an Björn Engholm und Hans-Ulrich Klose geschickt.
Während der Wende in der DDR galt Berghofer als reformwilliger SED-Politiker. Ende 1989 trat Berghofer, mittlerweile zum Stellvertreter des SED/PDS-Vorsitzenden Gregor Gysi aufgerückt, gemeinsam mit 39 weiteren Funktionären auf spektakuläre Weise aus der Partei aus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen