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NEU IM KINO: Der Taschenträger

Schlitzohren en gros gibt es in der Politik und im Kino. Der kleine Literaturlehrer Luciano wurschtelt sich zum Beispiel geschickt durch seine enormen Rechnungen, indem er für einen abgehalfterten Schriftsteller Romane und wöchentliche Kolumnen schreibt. Und diese unsignierten Werke sind so brillant, daß der junge Minister Botero ihm anbietet, Reden für ihn zu schreiben. So wird er zum Taschenträger eines noch viel gewiefteren Schlitzohrs.

Von diesem merkwürdigen Paar, von ihren Gegensätzen, rhetorischen Großleistungen und schließlich erbitterten Zweikämpfen erzählt „Il Portaborse“ von Daniele Luchetti. Schon optisch erinnern der kleine, etwas rundliche Luciano (Silvio Orlando) und der schlanke Botero (Nanni Moretti) an andere komische Kinopaare wie Pat und Patachon oder Stan und Ollie, aber hier ist der Lange ganz bestimmt nicht der Doofe.

Luciano scheint neben Botero immer noch etwas mehr einzuschrumpfen, und auch vor der Kamera stiehlt der clevere Machtmensch dem netten Literaten jedesmal die Show. Während der eine Kant zitiert, lebt der andere wie Machiavelli; und natürlich ist der letzlich anständige Luciano, den Boteros Wahlmanipulationen und Unterschlagungen immer mehr entsetzen, dem Machtsüchtigen hoffnungslos unterlegen.

Daß Luchettis Film zwar eine böse Satire, aber auch eine leichte und sehr komische Komödie geworden ist, liegt zum großen Teil an den beiden Hauptdarstellern. Sie balancieren sehr fein zwischen der Faszination des Bösen, dem Spaß an Redekunst und den Absurditäten des politischen Wahlrummels.

Der Wortkünstler Luciano findet erst ganz am Ende des Filmes ganz zu sich selbst, wenn er wortlos, zornig, aber mit sichtlichem Vergnügen ein BMW-Cabrio zertrümmert: das Geschenk des Ministers für gute Dienste.

Es ist schon etwas merkwürdig, wie gut diese italienische Satire auch auf unsere Zustände paßt. Warum nur gibt es keinen Film von einem deutschen Regisseur, der so intelligent, witzig und treffend unsere Schlitzohren portraitiert? Vielleicht den Möllemann? Aber nein — das wäre doch zuviel der Ehre. Wilfried Hippen

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