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Willkür durch Ausländeramt

■ Bremer Anwalt fordert Abschiebestop für Kurden

Anwälte, die sich um die Belange von Asylbewerbern kümern, sind vor Überraschungen nicht sicher. So hat der Bremer Rechtsanwalt Hans-Eberhard Schultz, der politisch engagierte Kurden verteidigt, vor einigen Wochen einen Form-Brief bekommen, in dem gegen ihn selbst die Ausweisung „innerhalb eines Monats“ verfügt wurde. „Für den Fall, daß Sie Ihrer Pflicht zur Ausreise nicht nachkommen bzw. nachgekommen sind, würden wir Ihre Abschiebung veranlassen“, schrieb das Ausländeramt an den „sehr geehrten Herrn Rechtsanwalt“. Schultz ist allerdings geborener Deutscher und in diesem Sinne gar nicht abeschiebefähig — der Irrtum vom Amt hat schnell aufgeklärt: Das Ausländeramt hatte sich vertippt und meinte nicht den Anwalt, sondern den Kurden Ahmet C., den Schultz rechtlich vertritt.

Aber auch gegen Ahmet C. durfte die Behörde bei dem gegebenen Stand des Verfahrens nicht die Abschiebung androhen, teilte Schultz mit. Nachdem das Verwaltungsgericht durch einen eindeutigen Beschluß auf die Rechtslage verwiesen hatte, habe die Ausländerbehörde die Ausweisung als „Versehen“ bezeichnet.

Der von der Abschiebung bedrohte Kurde M., der in Bremen auf dem Flur des Ausländeramtes verhaftet worden war, (vgl. taz 3.1.92) habe eine zweiwöchentliche Duldungsfrist erwirken können: Das Bundesamt will prüfen, ob es für den von Schultz vertretenen Kurden „Abschiebungshindernisse“ gibt.

Willkür herrscht nach Schultz insbesondere in dem „Abschiebeknast“ Am Wall. Hier hänge es vom Ermessen der Beamten ab, ob inhaftierte Flüchtlinge ihre Anwalt sprechen könnten oder nicht. In einem Offenen Brief hat Schultz die Parteien der Ampel- Koalition aufgefordert, für türkische Kurden genauso einen Abschiebestop zu beschließen wie sie das für den Irak getan hätten. K.W.

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