: Pfaffe war Killer
West Richland (ap/taz) — Als der Baptistenpfarrer Ed Lopes seiner Gemeinde in West Richland im US-Staat Washington anvertraute, er sei ein auf Bewährung entlassener, bekehrter Berufskiller der Mafia, waren die Gläubigen geneigt, ihm zu vergeben. Nachdem sich herausgestellt hatte, daß der 56jährige wegen Mordes an seiner früheren Frau und der versuchten Ermordung einer Freundin im Gefängnis war, fiel die Reaktion weniger einmütig aus.
Lopes war 1972 in Illinois wegen Mordes und versuchten Mordes zu einer Gefängnisstrafe von 50 bis 99 Jahren verurteilt worden. 1983 wurde er auf Bewährung entlassen, mit der Auflage, den Staat nicht zu verlassen, er verschwand aber schon zehn Tage später.
Im Dezember kam in West Richland der wahre Sachverhalt ans Licht, nachdem ein Zeitungsreporter den „Enthüllungen“ nachgegangen war, die Lopes seit 1985 immer wieder selbst auf kirchlichen Veranstaltungen gemacht hatte. Es stellte sich heraus, daß er keineswegs einst ein Killer der Mafia war, der 28 Menschen umgebracht hatte und der in der Todeszelle zu Gott gefunden hatte, ehe er begnadigt wurde. Nachdem die Wahrheit veröffentlicht worden war, meldete sich die Strafvollzugsbehörde in Illinois mit einem neuen Haftbefehl.
Lopes wurde kurz inhaftiert, dann aber auf Kaution freigelassen und verkündete vier Tage nach Weihnachten von der Kanzel: „Ich habe mit einer Lüge gelebt. Ihr seid gekommen, um ein Geständnis zu hören, und ihr werdet es hören.“ 1970 hatte er in Illinois seine zweite Frau erwürgt und einen Monat später so sehr auf seine Freundin eingestochen, daß er sie für tot hielt. Nun gestand er auch noch, er habe in den 60er Jahren in Massachusetts eine weitere Frau zu Tode mißhandelt.
Der Killer-Pfaffe behauptet, er habe gelogen, um seiner jetzigen Frau zu imponieren. Sein Kollege, der Baptistenpfarrer Bill Phillips aus Kennewick, versucht, das Verhalten seines Bruders so zu erklären: „Es hat sehr viel mehr Machohaftes an sich, zu sagen, man habe für die Mafia gearbeitet, als zu sagen, daß man seine Frau ermordet hat. Akzeptieren die Leute nicht eher jemanden, der böse Jungs für die Mafia beseitigt hat, als einen Frauenmörder?“
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