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Staatsräte buhlen um Politessen

■ Erster Koalitionsknatsch: Wer darf den Verkehr überwachen

Verkehr ist eine komplizierte Sache. Da gibt es Flugzeuge und Schiffe, Eisenbahnen und Fahrräder, Straßenbahnen, Busse, Fußgänger und Autos, stehend und fahrend. All das will geplant, verwaltet, überwacht und verantwortet werden.

Im letzten halben Jahr vor den Wahlen war letzteres ganz einfach. Da hat das der Bürgermeister mit der ihm unterstellten Verkehrskommision gemacht. Doch die gibt es nicht mehr, und jetzt wollen wieder alle mitreden. Zum Beispiel der Senator für Wirtschaft, Claus Jäger. Der sieht es gar nicht so gerne, daß sich am Ansgarikirchhof, dritte Etage, ein grünes Machtzentrum entwickeln könnte. Da arbeiten der Stadtentwicklungssenator Ralf Fücks mit seinem Staatsrat und ein paar Schritte entfernt die Bausenatorin — mit ihrem grüner Umtriebe verdächtigen Staatsrat Jürgen Lüthge (SPD), ehemals Umwelt. Getreu dem Motto bildet Banden, so Jägers Schreckensvision, könnte von dort aus alles, was nach neuer Straße aussieht, verhindert werden. Also setzte sich Jägers Staatsrat Frank Haller hin und tat, was er am liebsten tut, er formulierte Grundsätzliches. „Ein Kampfpapier“, fluchte die 3. Etage. Denn Haller reklamierte für das Wirtschaftsressort den direkten Durchgriff auf Behörden, die dem Bausenator unterstellt sind. Hallers Logik: Wenn er denn schon die überregionalen Straßen in Bonn durchboxen müsse, dann wolle er gefälligst auch dafür sorgen, daß die planenden und bauenden Ämter nach seiner Pfeife tanzen. „Dann bin ich ja nur noch für Straßen bis zu drei Meter Breite zuständig“, erkannte Baustaatsrat Jürgen Lüthge, der zwar nicht soviel schreibt wie Haller, dafür aber viel schneller redet. Bei zwei längeren Besprechungen setzte sich die Kunst der Rede durch, und Haller mußte die Segel streichen.

Womit Lüthges Kampf aber noch lange nicht beendet ist. Denn der nächste Gegner wartete in Gestalt des Staatsrates für Inneres, Helmut Kauther. Der mußte zwar den Herrn über weiße Striche, Klaus Hinte, an das Bauresort abgeben (zieht demnächst in die 3. Etage), doch um die Verkehrsüberwacher kämpft Kauther wie ein Löwe. Die 30 Damen und Herren, die Bußgeldbescheide schreiben, sollen im Innenressort bleiben, denn das sei eine hoheitliche Aufgabe, so Kauther. „So nicht“, konterte Lüthge. Wenn er schon den Verkehr beruhigen müsse, dann wolle er dies bittschön auch überwachen dürfen. Und so ganz nebenbei addierten die beiden Herren das beachtliche Gebührenaufkommen, das dabei zusammenkommt und so manches Loch im Resoort stopfen könnte. Und wenn soviel Geld im Spiel ist, werden auch Staatsräte störrisch. So kann der Koalitionsausschuß sich am Dienstag zum ersten Mal mit einem ernsten Konflikt beschäftigen. Wer bekommt die Politessen? Rosi Roland

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