: „Es gibt mehr Bauern als gedacht“
■ Meteorologe Kai Brüggemann von der Freien Universität Berlin über das TV-Wetter
taz: Was können Sie über den Klassiker von der „Tagesschau“ sagen?
Kai Brüggemann: Der „Tagesschau“-Wetterbericht der ARD ist schon deshalb schwach, weil er nicht so aktuell ist. Er hat eine lange Vorlauf- und Produktionszeit, bei der ARD scheint man nicht so flexibel zu sein. Zudem kommt bei der „Tagesschau“ das Wetter aus Frankfurt und wird dann nach Hamburg überspielt. Das Seewetteramt Hamburg könnte das vielleicht schneller machen — aber ich will hier nicht den guten Ratgeber spielen. Auch die Satellitenfilmdarstellung ist bei der ARD nicht sehr glücklich. RIAS TV hier in Berlin macht das anschaulicher und informativer, die Bewölkungstypen sind besser zu erkennen. Die gesamte Darstellung beim „Tagesschau“-Wetterbericht ist sehr altmodisch und immer die gleiche. Die Stimme des Sprechers kann man fast schon als steril bezeichnen.
Wie beurteilen sie „heute“ vom ZDF?
Die Art der Darbietung und die Informationsfülle ist hier sehr an die jeweiligen Personen gebunden, die dort auftreten. Viele Kollegen sind besonders angetan von dem Meteorologen-Nachwuchs, der dort das Wetter präsentiert. Die Inge Niedeck zum Beispiel macht das ganz prima.
Und die technische Aufbereitung?
„heute“ hat da verschiedene Möglichkeiten, und die werden relativ gut genutzt. Allerdings ist häufig die Zeit zu knapp — das gilt übrigens auch für die anderen Wetterberichte. Etwa für die SFB-Frühabendsendung „Abendschau“. Man muß den Zuschauern mehr bieten. Warum denn nicht mal eine Meteorologenpersönlichkeit?
Was ist zu den privaten Stationen zu sagen?
Die sind zum Teil gar nicht so schlecht. Doch solche „Valensina“- und „Lenor“-Wetterberichte machen mehr Show, als daß sie wirkliche Information enthalten. Die graphische Darstellung wird leider oft von Nicht- Fachleuten rübergebracht, das ist sehr kritisch zu bewerten. Andererseits ist es sehr schwer, telegene, medienwirksame Meteorologen zu finden.
Was müßten denn alle Wetterberichte querbeet besser machen?
Es bräuchte mehr Sendezeit, um auch einen zeitlichen Ablauf in das Wettergeschehen hineinbringen zu können. Dann kann man einen roten Faden einbauen, auch mehr auf einzelne Regionen eingehen. Die Computergraphik bietet sehr viele Möglichkeiten: Man kann auch mal eine Karte mit den Temperaturunterschieden innerhalb des Landes machen oder anschaulich zeigen, wieviel Regen gefallen ist. Die Darstellungen des Luftdruckgeschehens mit Hoch und Tief sind meist zu vereinfacht. So kann man die lieber weglassen. Oder man macht sie präziser: es gibt ja noch viel mehr Bauern, Gärtner oder Segler, als man sich vorstellt! Außerdem sind die Standardinformationen des Deutschen Wetterdienstes, mit denen meist gearbeitet wird, einfach zu begrenzt. Da wären mehr Informationen und mehr Phantasie gefragt. Interview: kotte
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