: Freitagabend: Berlin-Mitte
■ Die Langweiler-Talkshow vom SFB hat neue langweilige Moderatoren
Deutsche können keine Talkshows machen. Schon weil ihnen der leidige Bierernst, das »Anpacken« und »Abklopfen« von Themen womöglich und ähnliche öde Wichtigtuer-Allüren allzusehr am Herzen liegen. Und: Es müssen Themen verwurstet werden, die im Mainstream der »veröffentlichten Meinung« herumdümpeln, sie müssen unter eine zündende Schlagzeile subsumierbar sein. Wirklicher Streit darf nicht stattfinden — dafür sorgen im Zweifelsfall CDUler, Pfaffen, Gewerkschaftshanseln und andere Reaktionäre im Rundfunkrat. Oder natürlich die Moderatoren in vorauseilendem Gehorsam. Öffentlich-rechtliche Talkshows sind so erfreulich wie Krätze. Nur nicht so interessant im Verlauf.
Wenn nichts mehr geht, gehen immer noch neue Moderatoren und Torinnen. Im vorliegenden Falle: Ron Williams (der fröhliche Kumpeltyp), Zafer Senocak (der stille Mann fürs Feine) und Georgia Tornow (die entfesselte Hausfrau). Das Thema »Haste ma 'ne Mark« wollte das lauwarme Eisen »Spenden und Spender« angehen; man gab sich wohlerzogen; selbstverständlich war Herr Neudeck von der Cap Anamur dabei, die Gäste waren ebenso wohlerzogen und halbgebildet wie die Moderatoren, man redete und redete, ein Menschenschlag, über den Goethe gallig gesagt hätte: »Wären's Bücher — ich hätt' sie nicht gelesen!« Den größten Erfolg der neuen Truppe wird zweifellos die ehemalige taz-Lautsprecherin Georgia Tornow haben, die perfekte Gastgeberin für Geschäftsfreunde, mit Drang zum Höheren und glanzvoll bestandenem Jodel-Diplom (»Dann hat sie was Eigenes«). Es war überaus vergnüglich und wird der Drittes-Programm-Kundschaft gewiß sehr behagen, wie Frau Tornow sprach: Da möcht' ich dann doch mal nachhaken, wie sie stets falsch und breit lächelte, wie sie Aufmerksamkeit simulierte, wenn sie wieder mal nachgehakt hatte, und wie hüsch exotisch hühnerhaft sie mit dem Fräsen-frisierten Köpfchen nach hinten schnappt, wenn die Zweitantwort nach dem Nachhaken sie dann doch zu befriedigen wußte. Sie weiß viele Worte, die größtenteils gegeneinander austauschbar sind; man wundert und freut sich, daß immerhin die in der taz noch immer gern memorierte Trennschärfe nicht vorkam in ihren betäubend inhaltsfreien Monologen. Zuhören kann sie immerhin, das ist schon besser als gar nichts. Sie ist abscheulich eitel, hat ein ganzes buntes Arsenal von Wichtigtuer-Ticks und -macken im Gesicht — mit anderen Worten: eine Person wie fürs Fernsehen gemacht! Wir wünschen diesem wehenden Vakuum (G.C. Lichtenberg) viel Glück für den weiteren Lebensweg und sehen sie schon bald als, sagen wir, MDR-Intendantin. Was für Zeiten! Klaus Nothnagel
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