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15 Olympia-Botschafter für Berlin

■ Michael Groß organisiert Prominente in der ganzen Welt: Franz Beckenbauer, Placido Domingo, Steffi Graf, Wilma Rudolph/ Die Tätigkeit ist ehrenamtlich, nur die Spesen werden ersetzt

Berlin. Für Franz Beckenbauer war es »eine spontane, emotionale Entscheidung«, bei Mike Boit gab die »sentimentale Verbindung zu Berlin« den Ausschlag. Der Fußballweltmeister und der Olympiasieger über 800 Meter werden in den nächsten Monaten als Olympia-Botschafter dafür werben, daß Berlin Austragungsort für die Olympischen Spiele im Jahr 2000 wird. Koordiniert werden sie und dreizehn weitere »Diplomaten« vom ehemaligen Schwimmweltmeister Michael Groß.

Aufgabe der Truppe sei es, so Groß bei einem gemeinsamen Pressegespräch am Wochenende, meinungsbildend tätig zu sein. Dabei sei es wichtig, alle Themen offen und ehrlich anzusprechen. Man wolle versuchen, auch Leute aus den Bereichen Kunst, Wissenschaft und Politik zu gewinnen. Einen ersten Erfolg in diese Richtung konnte Beckenbauer bereits vermelden. Er hat den Operntenor Placido Domingo für das olympische Diplomatische Corps gewonnen. Auch Boris Becker wurde schon angesprochen, doch hat der, im Gegensatz zu seiner Tenniskollegin Steffi Graf, noch nicht zugesagt. Die Aktiven der ehemaligen DDR halten sich bislang ebenfalls zurück. Neben Boit sorgen die amerikanische Läuferin und Olympiasiegerin von Rom (1960), Wilma Rudolph, und der russische Stabhochspringer Sergej Bubka (Olympiasieger 1988) für die internationale Besetzung der Runde. Das nationale Kader wird durch Lothar Matthäus und den Ruder-Achter verstärkt. Für die Tätigkeit wird kein Honorar gezahlt, lediglich Spesen werden ersetzt.

Nach dem Willen der Olympia- GmbH bilden die Botschafter »nur die Spitze einer breiten Befürworter- Basis«. Und zu der kann sich jeder »normale Bürger« zählen, denn »sie wirken dort, wo andere Botschafter höchst indirekt erscheinen, also in ihrem Bezirk, dem Verein oder sogar in den Familien«.

Interview mit Michael Groß

Über die Aufgaben der Olympia-Botschafter sprach die taz mit deren Koordinator Michael Groß.

taz: Herr Groß, wie beurteilen Sie die bisherigen Vorbereitungen Berlins für Olympia 2000?

Michael Groß: Ich sage mal, man darf das nicht an den öffentlichen Reaktionen messen, sondern daran, was intern geleistet worden ist. Da ist ziemlich viel gemacht worden. Ich persönlich hatte einige Aufräumarbeit zu erledigen...

Welcher Art...

Die Aufräumarbeiten bestanden in meinem Bereich darin, daß man die Irritationen, die entstanden sind durch den Hick-hack mit einzelnen Personen, im Gespräch ausräumt.

Was wird der Olympia-Botschafter Michael Groß in den nächsten Monaten machen?

Also zunächst einmal ein wichtiger Unterschied: ich fühle mich nicht als Olympia-Botschafter sondern ich bin freier Mitarbeiter. Ich arbeite auf Honorarbasis, denn ich könnte nicht die Hälfte meines Lebens derzeit für diese Aufgabe verwenden, wenn ich dabei verhungern müßte. Ich schreibe ansonsten meine Dissertation in Frankfurt und als ehemaliger Olympiasieger im Schwimmen kann man dadurch nicht reich werden. Insofern muß ich sagen, daß es für mich eine Herausforderung ist; ich sehe meine Aufgabe darin, in der Olympia-GmbH zu wirken.

Als mögliche Olympia-Botschafter wurden immer wieder Sportler der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik genannt. Es fielen Namen wie Katrin Krabbe und Katharina Witt. Bestehen Vorbehalte mit diesen Sportlern im Rahmen der Olympia-Bewerbung zusammenzuarbeiten?

Es bestehen bei keinem Sportler und bei keiner öffentlichen Persönlichkeit Vorbehalte. Ich habe zum Beispiel auch mit der Sprinterin Katrin Krabbe gesprochen. Mein Stil ist es, die Leute sich mit dem Thema auseinandersetzen zu lassen und dann sollen sie sich überlegen, ob sie es machen wollen. Es nützt nichts, wenn man jemanden stundenlang belabern muß, nur damit er drei Sätze vor der Presse sagt.

In der Berliner Bevölkerung bestehen große Vorbehalte gegen Olympia 2000. Können Sie die Beweggründe der Berliner verstehen?

Sicher verstehe ich das. Nur ob 1993 80 Prozent dafür oder 80 Prozent dagegen sind, spielt bei der Entscheidung des IOC leider keine Rolle. Das Interview führte

Dieter Rulff

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