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Jelzin setzt Ukraine unter Druck

■ Schwarzmeerflotte wird zwischen Rußland und Ukraine aufgeteilt/ Kompromiß nach Verhandlungen in Kiew/ Auch Weißrußland will eigene Streitkräfte/ Atomwaffen bleiben bei Rußland

Moskau (ap/dpa/taz) — Die Schwarzmeerflotte wird es in Zukunft nicht mehr geben, beschlossen Regierungsdelegationen aus Rußland und der Ukraine am Wochenende in Kiew. Um dem Streit zwischen Rußland und der Ukraine um die Verfügungsgewalt über die ehemals sowjetische Schwarzmeerflotte ein Ende zu machen, soll sie jetzt aufgeteilt werden: Ein Teil der 28 U-Boote, 46 größeren Kriegsschiffe und 325 sonstigen Schiffe der Flotte gehören zukünftig der Ukraine. Nach Angaben von 'Tass‘ und 'Interfax‘ werden Einheiten, die strategische Aufgaben haben, dem Oberkommando der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) unterstellt. „Wir sind zur Einigung verdammt“, sagte der russische Delegationsleiter, Sergei Schachrai, nach den Verhandlungen. Wann die Entscheidung praktisch umgesetzt wird, bleibt aber unklar. Jelzin ließ unterdessen ein Dekret vorbereiten, mit dem er sich notfalls die gesamten Streitkräfte der GUS unterstellen kann.

Neben der Teilung der Flotte sollen die Experten in einer Arbeitsgruppe auch Fragen zur sozialen Sicherung, zur Staatsbürgerschaft und zum politischen Status der Soldaten lösen. Außerdem wollen Rußland und die Ukraine laut 'Interfax‘ konkrete Maßnahmen ergreifen, um den VKSE-Vertrag und den sowjetisch- amerikanischen Vertrag über die Reduzierung der strategischen Nuklearwaffen (START) zu ratifizieren.

Was bei der Formulierung des Kommuniqueś allerdings nicht berücksichtigt wurde: der Plan der Kiewer Regierung, die meisten der rund 1,3 Millionen in der Ukraine stehenden Soldaten auf diese Republik zu vereidigen. In dem Dokument heißt es lediglich, die weiteren Verhandlungen beträfen auch „den zivilen und politischen Status der Soldaten im Zusammenhang mit der Reorganisation der Streitkräfte“.

Präsident Leonid Krawtschuk hat zwar die Eidesleistung um sechs Monate verschoben. Doch seine Absichten führen schon jetzt dazu, daß andere Republiken der einstigen UdSSR beschleunigt ihre eigenen Verteidigungsstrukturen schaffen. So hat das weißrussische Parlament am Samstag die Übernahme der sowjetischen Truppen beschlossen. Eine Ausnahme bilden nur die strategischen Einheiten. Das Parlament entschied ferner, daß das bisherige Ministerium für Angelegenheiten der Verteidigung in ein Verteidigungsministerium umgewandelt werden soll. Bis ein Verteidigungsminister berufen wird, übernimmt Generaloberst Anatoli Kostenko, der Kommandeur des Militärbezirks Weißrußland, das Oberkommando über die Truppen.

Unterdessen versucht Boris Jelzin den Militärstreit zwischen Rußland und den anderen GUS-Republiken mit politischem Druck zu lösen. Nach Mitteilung der Zeitung 'Nesawisimaja Gaseta‘ hat er bereits ein Dekret vorbereitet, mit dem er sich die gesamten Streitkräfte der UdSSR unterstellen will — zumindest so lange, bis die elf Republiken der GUS endgültig ein gemeinsames Oberkommando eingerichtet haben.

Doch zuvor will Jelzin auch in die anderen Staaten der GUS Delegationen schicken, die über die künftige Militärstruktur verhandeln. „Zweigleisig vorgehen“ scheint seine neue Devise, mit der er die Probleme der Verteidigung in der GUS lösen will, nachdem am Freitag bei einer Konferenz der Außenminister keine Einigung erzielt worden war. Außer über eine Arbeitsgruppe wurde man sich nur über ein weiteres Treffen am 20.Januar einig, bei dem über die Aufteilung des Auslandsvermögens der ehemaligen Sowjetunion beraten werden soll.

Über den Abtransport von Atomsprengköpfen nach Rußland, die in der Ukraine gelagert waren, hat am Freitag die ukrainische Nachrichtenagentur 'Ukrinform‘ berichtet. Es handelt sich dabei um etwa zwei Meter lange Atomsprengköpfe, die einen Durchmesser von 75 Zentimeter haben. Die Sprengköpfe würden mit der Bahn verschickt und „außerhalb der Ukraine“ unter der Kontrolle russischer, ukrainischer und ausländischer Beobachter vernichtet, hieß es in dem Bericht weiter. Noch bis zum 1. Juli dieses Jahres wolle die Ukraine frei von taktischen und bis 1994 auch von strategischen Atomwaffen sein.

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