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Integration mildert nicht die Angst

■ Umfrage unter türkischen Jugendlichen: Sowohl gestiegene schulische Integration als auch größeres Unwohlsein angesichts des Ausländerhasses

Berlin. Eine repräsentative Telefonumfrage unter rund 1.000 von insgesamt 31.000 türkischen Jugendlichen, die die Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU) Ende letzten Jahres bei der »in Trend-Gesellschaft« bestellt hatte, förderte zwei gegenläufige Trends zutage. Einerseits fühlen sich die 16 bis 25 Jahre alten TürkInnen besser in den schulischen und beruflichen Alltag integriert als noch bei vergleichbaren Umfragen im Jahre 1985 und 1989. Andererseits sind das persönliche Wohlempfinden und auch die Kontakte zu Deutschen nach dem Fall der Mauer stark zurückgegangen.

Zwei Drittel der Befragten gaben an, keine Probleme mit der Schule zu haben, die Hälfte zeigte sich »einigermaßen zufrieden« mit ihrer schulischen und beruflichen Situation, und 70 Prozent möchten weiterhin hier leben, während es 1985 nur neun Prozent gewesen waren. Als »markanten Sinneswandel« Richtung Integration wertete Frau John aber auch, daß heute 74 Prozent die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen würden, während es 1985 nur 19 Prozent gewesen waren. Hier steht jedoch zu vermuten, daß allein die Frageformulierung dieses Ergebnis zeitigte (siehe auch Kommentar).

Der Trend zur Entghettoisierung wurde offenbar aber durch den Fall der Mauer unterbrochen. Zwar hatte die Hälfte der Jugendlichen »ein sehr beziehungsweise eher positives Gefühl« bei ihrer Öffnung, aber nun glauben vier Fünftel, daß die deutsche Vereinigung »eher negative Folgen« für sie hatte. An erster Stelle steht dabei mit 61 Prozent der Nennungen der Ausländerhaß und mit 25 Prozent die abnehmende Zahl von Arbeits- und Ausbildungsplätzen. So gesehen verwundert es nicht sehr, daß die Zahl derer, die sich in Berlin »sehr wohl« oder »einigermaßen wohl« fühlen, von 78 beziehungsweise 88 Prozent in den Jahren 1985 und 1989 auf jetzt nur noch 66 Prozent gesunken ist. Auch hier steht in der Liste der Gründe die Ausländerfeindlichkeit mit 93 Prozent der Nennungen auf dem ersten Platz (1985: 26 Prozent), während »berufliche Schwierigkeiten« (1985: 14, 1991: 10 Prozent) und »Fremdheit und Einsamkeit« (1985: 33, 1991: 8 Prozent) offenbar zurückgegangen sind. Gleichzeitig reduzierten sich aber auch die Kontakte zu deutschen Jugendlichen: 1985 hatten 23 Prozent in ihrer Freizeit »nie« mit Deutschen zu tun, heute sind es 34 Prozent aller Befragten und sogar 45 Prozent aller türkischen Mädchen. Weiterhin gab mit 43 Prozent fast die Hälfte aller Jugendlichen an, schon einmal als Ausländer benachteiligt worden zu sein, vor allem am Arbeitsplatz (19 Prozent), in den Behörden (14), auf der Straße (14), bei Sport und Freizeit und in der Disco (15 Prozent der Jungen; 0,5 Prozent der Mädchen) sowie in Geschäften (3 Prozent der Jungen; 15 Prozent der Mädchen). 4,2 Prozent waren selbst Opfer von Gewalt. Trotz dieser Diskriminierungen sprachen sich fast zwei Drittel der TürkInnen gegen eine Bewaffnung aus. 30 Prozent jedoch — erstaunlicherweise fast gleichviel Mädchen wie Jungen — meinten, man müsse sich zum eigenen Schutz oder gegen andere Jugendbanden bewaffnen.

Parallel zu dieser Umfrage wurden auch 600 deutsche SchülerInnen in Ost-Berlin nach ihren größten Ängsten nach der Vereinigung befragt. Für immerhin die Hälfte von ihnen war »die Einwanderung von Ausländern« ein Grund zur Sorge, wiewohl zwei Drittel sich gleichzeitig vor »Neofaschisten und Rechtsradikalen« ängstigen. Ute Scheub

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