piwik no script img

Arafat in Ost-Jerusalem — per Telefon

■ Die dritte Runde bilateraler Nahostverhandlungen begann gestern in Washington

Tel Aviv (taz/ap) — Gestern abend begann im Washingtoner State-Department die dritte Runde bilateraler Nahostverhandlungen. Sie soll mit Gesprächen zwischen der israelischen und der palästinensisch-jordanischen Delegation eröffnet werden. Die Verhandlungen hätten eigentlich schon Anfang letzter Woche beginnen sollen. Sie wurden aber durch das Ausbleiben der arabischen Delegationen verzögert, die damit gegen den israelischen Beschluß protestierten, zwölf Palästinenser aus den besetzten Gebieten zu deportieren. Erst nachdem der UN-Sicherheitsrat am Montag letzter Woche eine — bislang folgenlose — Verurteilung Israels wegen der geplanten Deportationen ausgesprochen hatte, willigten die arabischen Regierungen und die PLO in weitere Verhandlungen mit Israel ein.

Die nunmehr eröffnete Verhandlungsrunde wird von äußerst kurzer Dauer sein, da die israelische Delegation bereits morgen abzureisen gedenkt. Voraussichtlich wird man auch diesmal nicht über die Erörterung sogenannter „prozeduraler Fragen“ hinauskommen, es sei denn, man schlösse sich der Interpretation von Josef Hadass, dem Direktor des israelischen Außenministeriums, an. Er verwies die erneuten Dispute über den zukünftigen Verhandlungsort und über den Aufbau der Tagesordnung schlicht in den Bereich „substantieller“ Auseinandersetzungen.

Über andere Fragen soll jedenfalls mit der jordanisch-palästinensischen Delegation nicht gesprochen werden, so hat es der israelische Ministerpräsident Jitzhak Schamir während der Kabinettssitzung am letzten Sonntag festgelegt. Themen, die die Zukunft des Verhältnisses zwischen Israel und den Palästinensern betreffen, im ersten Stadium also das Thema „Autonomie“, sollen erst in der Regierung diskutiert werden, bevor sie Gegenstand bilateraler Gespräche werden können. Das versteht sich eigentlich von selbst — doch haben eben diese klärenden Diskussionen unter Israels Politikern bislang nicht stattgefunden. Sie werden aufgeschoben, um eine Regierungskrise zu verhindern.

Auch diese jüngste Erklärung von Schamir geht an die Adresse seiner kleineren Koalitionspartner, der besonders radikalen Verfechter der Siedlungspolitik. Vor allem die Minister Zeevi und Neeman drohen, daß sie die Regierungskoalition platzen lassen, falls das Thema „Autonomie“ auf den Tisch kommt. Dagegen tritt zwar Außenminister Levy auf, der wiederholt erklärte, die Regierung werde ihren Prinzipien treu bleiben und den Palästinensern einen Vorschlag unterbreiten, der dem Autonomiekonzept der Camp-David- Gespräche gleiche. Einen Zeitpunkt nannte er aber nicht.

Minister Zeevi gab sich nach der Sitzung ganz siegessicher. Sobald „substantielle“ Fragen mit den Palästinensern oder die Frage territorialer Konzessionen mit den arabischen Delegationen diskutiert würden, werde seine Fraktion die Regierungskoalition verlassen. „Wir haben dieses Stadium noch nicht erreicht, und ich glaube, wir werden es auch nicht erreichen“, erklärte er.

In Ost-Jerusalem formierte sich am Sonntag eine kleine Demonstration gegen die geplante Deportation der zwölf Palästinenser. Der arabische Journalistenverband hatte dazu aufgerufen, denn fünf der von Deportation bedrohten Personen sind Journalisten. Die Veranstalter verbanden ihre Kundgebung mit einer in den besetzten Gebieten bislang einmaligen Demonstration ihrer Verbundenheit mit der PLO: Eine per Telefon gehaltene Rede des PLO- Vorsitzenden Yassir Arafat wurde über Lautsprecher in den Versammlungsraum übertragen. Arafat forderte „israelische Pazifisten“ auf, gemeinsam mit den Palästinensern auf eine friedliche Lösung des Konflikts hinzuarbeiten. „Schamir soll wissen, daß Morde, Verhaftungen und Deportationen den Aufstand des palästinensischen Volkes nicht beenden können.“ Amos Wollin

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen