: AB SOFORT: RIVETTE-REIHE Christine und Rivette fahren Film
Filme von 165, 190, 240 und sogar 730 Minuten Länge: so konsequent ignoriert nur Jacques Rivette die Spielfilmnorm (die Hitchcock einmal mit der durchschnittliche Belastbarkeit der menschlichen Blase begründete). „Man darf nicht in Eile sein, man muß geduldig sein, warten können ...“ lautet dagegen Rivettes Credo. Hans C. Blumenberg brachte das Besondere an seinen Filmen auf den Punkt: „Er mag keine geschlossenen Geschichten. So erfindet er dem Kino neue Freiheiten“.
Rivettes neuer Film Die schöne Querulantin ist in der ungekürzten Fassung 4 Stunden lang und wird am Sonntag morgen um 11 Uhr in der Originalfassung mit Untertiteln gezeigt. Vom 23.1. an wird der Film dann im normalen Programm der Schauburg laufen, und dann folgt hier auch eine ausführliche Besprechung.
Das Kommunalkino hat diese Premiere zum Anlaß genommen, einige Filme von Rivette und seiner Mitarbeiterin Christine Laurent aufzuführen. Die Drehbuchautorin von Rivettes beiden letzten Produktionen ist heute abend um 20 Uhr im Institut Francais zu Gast; ihr eigener neuer Film Eden Miseria ist leider an Zollformalitäten gescheitert; gezeigt wird dafür Die Viererbande von Rivette, für den sie das Drehbuch geschrieben hat. Eden Miseria wird nachgeholt.
Am Montag und Dienstag (20.1. und 21.1.) um 17.45 Uhr ist im Cinema Die Viererbande von 1988 zu sehen: „Ein Krimi über das Theater, eine Collage über die Kunst, ein fast tonlos musikalischen Epos über die Inszenierung von Gefühlen“ so „step“ damals in der taz.
Später im Febuar folgen dann Celine und Juline fahren Boot (am 17. und 18.2. um 17.15 im Cinema), eine träumerische Variation von „Alice in Wonderland“ im sommerlichen Paris. Es folgen An der Nordbrücke (am 19. und 20.2. um 18.15 im Cinema); und schließlich der 730 Minuten lange Filmmarathon Out 1 — Noli me tangere in zwei Teilen am 28.2. um 17.00 Uhr und am 29.2. um 19.00 Uhr im Institut Francais. Dieser Film, der ohne Drehbuch gemacht wurde, bei dem statt dessen alle Schauspieler improvisiert und ihre Rollen selber erfunden haben, wurde 1970 nach seiner Fertigstellung einmal aufgeführt und war danach nur noch ganz selten in gekürzten Versionen zu sehen. Erst auf der letzten Berlinale tauchte er wieder auf und wurde von einigen Kritikern als die Entdeckung des Festivals gefeiert.
Rivette: „Die einzige Rechtfertigung der Kunst ist zu versuchen, sich selbst, der man etwas macht, und die Leute, die es sehen, etwas weniger blind, etwas weniger taub, etwas weniger dumm zu machen. Im Grunde ist das Kino wie die anderen Künste. Die Leute wußten, daß sich die Blätter im Winde bewegen. Ganz plötzlich können sie das sehen.“ Wilfried Hippen
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