piwik no script img

Stromsparen wäre so einfach

■ Kreuzberger Stadträtin fordert bei Energie-Hearing landeseigenen Betrieb

Kreuzberg. »Manchmal möchte ich mit dem Seitenschneider das Kabel kappen«, machte Volker Striegnitz seinem Ärger Luft. Was den Elektrofachmann des Kreuzberger Hochbauamtes so in Rage bringt, sind veraltete Kühlschränke und energiefressende Heizlüfter, die Mitarbeiter in öffentlichen Gebäuden laufen lassen. Der meiste Strom könne durch verändertes Verhalten der Nutzer eingespart werden, so ein Ergebnis beim »Kreuzberger Hearing zu Möglichkeiten der Energieeinsparung in öffentlichen Gebäuden«.

Erika Romberg, Bezirksstadträtin für Bau- und Wohnungswesen, hatte zu der zweitägigen Expertenrunde ins Rathaus eingeladen. Das Interesse war außer bei der AL und den Fachleuten gering; keine 20 Menschen kamen am zweiten Tag — für Striegnitz Beweis, wie wenig sich im Bewußtsein geändert hat.

Das gilt auch für den Senat. So fordert das neue Energiespargesetz von den Bezirken, »Energiebeauftragte zu bestellen«, die Einsparungen sollen aber dem Senat, nicht dem Bezirk zufließen. Wilfried Boysen vom Verein Energie und Arbeit plädierte daher für bezirkliche Globalhaushalte. Zur Zeit verhindern getrennte Personal- und Sachmittelkassen, den Energiebeauftragten von dem gesparten Geld zu bezahlen.

Einig waren sich Striegnitz, Boysen und Kreuzbergs Energiebeauftragter Marek Samp, daß umorganisiert werden müsse: Es sei unsinnig, daß eine Kita-Leiterin für die Einstellung der Heizkessel zuständig sei, während Fachleute im Bezirksamt säßen und bitten müßten, ob sie vor Ort beraten dürfen.

Erika Romberg schlug die Gründung eines landeseigenen Betriebes vor, der sämtliche Heiz- und Stromanlagen übernehme und so ein größeres Eigeninteresse an der Energieeinsparung habe. Doch obwohl Striegnitz berichtete, daß ein privates Unternehmen in Hannover diese Aufgabe für zehn Jahre übernommen habe und nur die Hälfte des gesparten Geldes als Lohn erhalte, mochten die Herrschaften den Vorschlag der einzigen Rednerin nicht diskutieren. »Solche radikalen Änderungen sind der Verwaltung noch sehr fremd«, vermutet Stadträtin Romberg.

Unbekannt scheint dort auch der Vorrang der Kraft-Wärme-Kopplung zu sein, den das Energiegesetz vorschreibt. So verblüfften Vertreter der Senatsverwaltung für Bauwesen mit der Aussage, daß sie noch nach der älteren Richtlinie arbeiteten, die Blockheizkraftwerke nicht bevorzuge. Fehlenden Willen zum Energiesparen wirft Erika Romberg dem Senat vor. Er verschanze sich hinter der Bewag, diese sich hinter den Verwaltungen, und dort schöbe eine Abteilung die andere vor. Da gebe es im Senat wohl so manchen »logischen Kurzschluß«, vermuteten die Fachleute, wenn neue Gesetze einfach nicht beachtet, wenn Stellen für Energiebeauftragte gefordert, aber nicht finanziert würden.

Einhellig verlangten die Teilnehmer des Kreuzberger Hearings mehr Kompetenz für die amtlichen Energiesparer. Heizungen und Stromanlagen müßten entweder direkt von ihnen gesteuert werden können, oder sie müßten Weisungsbefugnis gegenüber den Hausmeistern erhalten. Christian Arns

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen