: Vorsicht Bacchus Germanicus!
Rom (dpa) — 3.000 Flaschen venezianischer Wein aus einer Kellerei, die mit Pestiziden gepanscht hat, sind auch in Wuppertal aufgetaucht. Ob der Wuppertaler Rebensaft giftig ist, wird noch untersucht. Die italienischen Winzer hatten zu Hause Wein mit „Metyl- Isothiocyanat“ versetzt, einer blausäureähnlichen Verbindung. Sonst wäre er sauer wie Essig geworden.
Ein Untersuchungsrichter in Padua erklärte am Mittwoch abend, einige Flaschen des mit Pestiziden versetzten Produktes sei schon seit einem halben Jahr im Handel. Flaschen der in den Weinskandal verstrickten Kellerei Giovanni Poli aus Gambellara waren zuvor in einer Wuppertaler Spedition entdeckt worden. Ein Teil dieser Ware sei bereits ausgeliefert worden, warnte ein Sprecher des Städtischen Umweltamtes. Ob es sich bei den Weinen mit dem Namen „Merlot“, „Valpolicella“ und „Bianco“ tatsächlich um Produkte handelt, die mit giftigen Chemikalien gepanscht worden sind, müsse untersucht werden. Die Affäre war zu Wochenbeginn mit der Beschlagnahmung von vier Millionen Litern Wein im Gebiet von Padua und Vicenza publik geworden. Eine Sondereinheit der Carabinieri hatte in vier Kellereien den vergifteten Wein sichergestellt. Die Polizei hat vier Männer zwischen 33 und 56 Jahren festgenommen. Das Gift, das mit der Blausäure verwandt ist, wird normalerweise von Landwirten zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt. Es kann Magen- und Kopfschmerzen, Schwindelgefühl und Erbrechen verursachen. Der Stoff zähle zwar nicht zu den „giftigsten Pestiziden“, könne aber bei regelmäßiger Einnahme zu „chronischen Vergiftungen führen“. Die Weinpanscher wollten mit dem Zusatz den weiteren Gärungsprozeß stoppen. Der rote und weiße Tafelwein der Sorten Pinot und Merlot sollte größtenteils zum Billigpreis von nur 800 Lire (1,10 DM) in Venetien verkauft werden. Der auffallend geringe Preis des gepanschten Produkts hatte die Aufmerksamkeit der Konkurrenz und der Gesundheitspolizei auf die Kellereien gelenkt. Erst am Freitag waren in Mailand zwölf Weinhändler zu Haftstrafen bis zu 16 Jahren verurteilt worden, weil sie 1986 durch Beimischung von Methylalkohol den Tod von 19 Menschen verursacht haben. Jetzt müssen die Verantwortlichen des neuen Weinskandals mit Strafen von mindestens 15 Jahren rechnen. Die italienische Weinwirtschaft befürchtet durch den neuen Skandal weitere Absatzeinbußen im In- und Ausland. „So traurig es ist — aber in Italien kann man Produkte des Weinbaus finden, die mit Wein auch nicht das geringste zu tun haben“, sagte ein Sprecher der Winzer von Asti. Italien produziert als mengenmäßig größtes Weinbauland jährlich Wein für 4.500 Milliarden Lire (über sechs Milliarden Mark).
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