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Alliierter Atommüll auf dem Schlachtfeld

Alliierte verschossen Granaten mit Urankern am Golf/ Rund 40 Tonnen abgereichertes Uran zurückgelassen/ Krebsgefahr für Hunderttausende/ Geschütz-Technologie stammt aus Deutschland — aber die Bundeswehr verwendet sie angeblich nicht  ■ Von Hermann-Josef Tenhagen

Berlin (taz) — In Verdun wachsen noch siebzig Jahre nach der blutigsten Materialschlacht des Ersten Weltkrieges keine Blumen. Im Golfkrieg haben die Alliierten ein strahlendes Erbe zurückgelassen, das Kuwaitis und Irakis noch wesentlich länger beschäftigen wird. Rund vierzig Tonnen Atommüll seien als Kriegsaltlast in Kuwait und im Süden des Irak zurückgeblieben, berichtet der britische 'Independent‘ vor Wochen unter Berufung auf die Britischen Atomenergiebehörde. Abgereichertes Uran, die Kerne Zehntausender Flugzeug- und Panzergranaten, gefährden Leben und Gesundheit der Golfbewohner — genug hochgiftiges Material um 500.000 Menschen den Tod zu bringen, wenn es in der Wüste fein verteilt und über Staub eingeatmet wird.

Der britische Report warnte, daß die Geschosse noch die volle Größe von über einem Meter Länge haben könnten, aber auch als Anhängsel von Staubpartikeln die Luft in der Region belasten. „Es ist schädlich für Menschen, sich länger in der Nähe größerer Mengen abgereicherten Urans aufzuhalten.“ Das radioaktive Material drohe in die Nahrungskette und ins Trinkwasser zu gelangen. Die unmittelbaren Gesundheitsgefahren bei abgereichertem Uran sind chemisch und toxisch.

Die Bevölkerung erfuhr bisher nichts von alldem. Und der britische Rüstungskonzern Royal Ordnance, von der Londoner Regierung mit der Beseitigung militärischer Altlasten am Golf beauftragt, weigerte sich, Experten der staatlichen Atomenergiebehörde zur Beseitigung des strahlenden Erbes anzuheuern. Die Hauptregionen der radioaktiven Verseuchung liegen angeblich südlich und westlich von Kuwait City und im irakisch-kuwaitischen Grenzgebiet.

Der Einsatz der Urankerne bei Panzergeschossen ist eine direkte Folge des Rüstungswettlaufs. „Nachdem die Rüstungsfirmen neue Verbundwerkstoffe für noch härtere Schutzwände bei Panzer einsetzten, hat man auch neuen panzerbrechende Geschosse gebraucht“, so Götz Neuneck vom Hamburger Institut für Friedensforschung. Die modernen Geschosse haben eine Hülle und einen Kern aus besonders schwerem Metall, das die Durchschlagskraft erhöht. Seit einigen Jahren verwenden Militärs dafür angereichertes Uran. „Die Israelis haben die Munition als erste eingeführt“, so sagte Wolf-Reinhard Voigt vom Bundesverteidigungsministerium — „und mit gutem Erfolg gegen die russischen T-72-Panzer eingesetzt.“

Verschossen wurde das Teufelszeug während des Golfkrieges von amerikanischen und britischen Panzern sowie von amerikanischen A-10-Flugzeugen. Die modernen amerikanischen M1A1-Panzer sind mit speziellen Kanonen ausgerüstet, um dieses Material zu verschießen. „Der Golfkrieg diente hier auch als Testfeld“, so Neuneck. Die Technologie dafür stammt aus Deutschland. „Die Kanone des M1 ist dieselbe wie die des Leopard II.“

Das wird von Experten in der Rüstungsindustrie bestätigt: Der Düsseldorfer Rheinmetall-Konzern, der die Kanone für den „Leo II“ fertige, besitze auch die Lizenz für die amerikanische Kanonenfertigung. Von der Bundeswehr werde mit dieser Kanone aber keine Uran-Artillerie verschossen, beruhigt das Verteidigungsministerium. „Man hat die politische Entscheidung getroffen, solche Munition nicht zu verwenden“, so Sprecher Voigt.

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