: Den Inis geht die Puste aus
■ Netzwerk: Arbeitsamt spielt mit Intellektuellenfeindlichkeit / Kritik an ABM-Politik
ABM-Alarm in Bremen. Gestern trommelte das Netzwerk, ein Verbund von etwa 150 Initiativen, die lokalen Presse zusammen und schimpfte. „Wir haben immer in Krisen gelebt“, erklärte Netzwerk-Vertreterin Anja Blumenberg, „aber so schlimm wie diesmal war es noch nie.“
Aus Nürnberg sollen die ABM- Mittel für Bremen von 117 auf 35 Millionen Mark schrumpfen. 500-600 ABM-Kräfte arbeiten derzeit allein in den Netzwerk- Inis, in Bremen sind es weit über 3.000. Ob Gesundheit, Soziales, Kunst oder Bildung: Ohne ABM gehen Krabbelgruppen, Stadtteilschulen, und Kulturläden kaputt. Besonders erbost es die Initiativenvertreter, daß es den akademischen Arbeitslosen überdurchschnittlich hart treffen soll. „Die Akademiker werden vom Arbeitsamt bewußt gegen andere Berufsgruppen ausgespielt“, warf Blumenberg dem Arbeitsamt vor. „Hier wird unterschwellig mit der Intellektuellenfeindlichkeit gespielt.“
Die Politik des Arbeitsamtes, im kommenden Jahr vorwiegend Langzeitarbeitslose bei großen Beschäftigungsträgern zu fördern, sei arbeitsmarktpolitisch eine Sackgasse. „Die stehen ein Jahr lang an der Ochtum, pflanzen Bäume, und wenn die Zeit um ist, sind sie wieder arbeitslos. Wir dagegen haben in den letzten Jahren 200 Dauerarbeitsplätze in unseren Initiativen geschaffen“, argumentierten sie.
Arbeitsamtsdirektor Ernst Domino wehrte sich gegen die Vorwürfe. „Es wird keine Null-Lösung für Akademiker geben. Aber die Berufsgruppe ist in den letzten Jahren überdurchschnittlich gefördert worden.“ Domino versicherte aber, daß die Akademiker entsprechend ihrem Anteil unter den Arbeitslosen berücksichtigt würden. „Wir haben in den letzten Jahren bei der ABM- Förderung bis zu 35 Prozent Akademiker gehabt, obwohl sie unter den Arbeitslosen keine 10 Prozent ausmachten. Das wird es nicht mehr geben.“
Der Sprecher der Arbeitssenatorin, Jörg Henschen, stellte sich gegen die Vorwürfe einer falschen Arbeitsmarktpolitik. „Unser Ziel ist es gerade, dafür zu sorgen, daß die Langzeitarbeitslosen nach einem Jahr ABM nicht wieder absacken. Die brauchen unsere Hilfe, während von den Akademikern wohl auch jeder außerhalb von ABM eine Stelle hätte finden können.“ Einschnitte werde es geben, aber man wolle Härten vermeiden.
Zu entscheiden über die Verteilung der ABM-Mittel hat der Verwaltungsrat des Arbeitsamtes. Diese Gremium besteht zu je einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer, Arbeitgeber und der öffentlichen Hand. Der Bremer DGB-Kreisvorsitzende Siegfried Schmidt kündigte an, die Gewerkschaften würden sich gegen eine Null-Lösung für Akademiker stellen.
Mittlerweile haben sich auch Parteien zu Wort gemeldet. Der Vorstand des SPD-Unterbezirks Bremen-Ost befürchtet durch die Einsparungen „katastrophale Folgen“ für Bremen. Die Grüne Bürgerschaftsabgeordnete Marieluise Beck forderte den Senat auf, die Bremer Haushaltsmittel, mit denen die ABM-Stellen bislang aufgefüllt worden sind, noch nicht anderweitig zu verplanen. Bislang beteiligte sich der Senat an ABM-Stellen mit 20 Prozent.
Ernst Domino äußerte gestern außerdem die Befürchtung, daß die für Bremen zugewiesenen Mittel noch unter den geschätzten 35 Millionen liegen werden. „Wir hatten in der letzten Woche noch die Hoffnung, daß es etwas mehr würde, heute muß ich sagen, daß ich eher das Gegenteil befürchte“, erklärte er gegenüber der taz. Markus Daschner
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