: Bilder aus Bienen
■ In der neuen Graphothek: Kunst-Videos von Heinz-Hoek, Loock und Pundt
Jetzt gibt auch Kunst-Videos im Kellergeschoß des neuen Museums Weserburg, wo letzte Woche die Bremer Graphotek ihre neuen Räume bezog. Zur Eröffnung dieser Neuerung präsentierten drei Video-Künstlerinnen ihre Arbeiten, die sich in unterschiedlicher Form mit dem Begriff „Sammlung“ befassen.
Marikke Heinz-Hoek, Isolde Loock und Edith Pundt haben jede auf sehr überzeugende, persönliche Art und Weise auf das Thema „Sammlung“ reagiert. In ihrer Installation „Entry-Exit. Lebensgeschichten“ betrachtet Marikke Heinz-Hoek durch die Kamera in kurzen Abständen aufeinanderfolgende alte Fotos, auf denen immer mehr Personen versammelt sind. Dazu trägt eine weibliche Stimme Texte vor: Krankengeschichten von Psychotherapie- PatientInnen aus Anträgen für Krankenkassen.
Auf dem Paravent, hinter dem der Monitor steht, sind zwei Messingschilder angebracht: „Entry“, „Exit“: Eingang, Ausgang. Entry steht auch für den Beginn, den Eintritt ins Leben, Exit bedeutet auch Tod. Eine Sammlung von Lebensgeschichten, von Einzelschicksalen, miteinander verknüpft durch Geschichten anderer Individuen, deren Leben genauso unergründbaren Gesetzmäßigkeiten folgte wie das scheinbar zufällige System, durch welches die Künstlerin sie zusammenbringt.
Ganz anders geht Isolde Loock vor. Auf dem Bildschirm des auf dem Boden einer großen, schwarzen Röhre liegenden Gerätes drängen sich Unmengen von Bienen dicht aneinander. Ihr Summen und Surren ertönt aus dem Lautsprecher, rauschend, manchmal an strömendes Wasser erinnernd. Auf der Innenwand der schwarzen Röhre aus Polystrolspiegel wird das Bild des Bienenschwarms reflektiert und zu bläulich flimmernden, flirrenden Bildern verwandelt.
CARNICA nennt die Künstlerin diese Arbeit: Im Namen dieser Bienensorte ist zugleich die Vokabel „kar“ enthalten, die „Gefäß“ bedeutet — auch Tonne, Kessel, Rohr — oder eben die ausgehöhlte Form eines Baumstamms, den Bienen, wenn sie wollen, zu ihrer Behausung machen können.
In der Installation „Stil-Leben“ von Edith Pundt umgibt ein Holzrahmen den Bildschirm des an der Wand montierten Videogerätes. Der Film zeigt das Gemälde „Stilleben mit gestürzter Kerze“ von Max Beckmann — zu sehen ist aber nicht das Gemälde selbst, sondern eine reale Nachbildung des Stillbens, das Max Beckmann 1930 malte: Vor einem Spiegel brennen zwei Kerzen, eine weitere Kerze liegt liegt umgekippt auf dem Tisch.
Hier geht es auch um eine andere Art von Sammlung, im übertragenen Sinn: Die meditative Stille verlangt eine Sammlung der BetrachterIn, eine Konzentration auf den vielschichtigen Inhalt der Video-Arbeit — zugleich eine Hommage an Beckmann und ein Hinweis auf die verrinnende Zeit. Hier ist sie, wie sie ist, erlebbar: nach drei Stunden sind die Kerzen abgebrannt und das Video-Band zu Ende. Katerina Vatsella
Die Ausstellungs der Video-Installationen in der Graphothek ist bis zum 29. Januar verlängert worden, teilte gestern die Stadtbibliothek mit. An diesem letzten Tag ab 18 Uhr können interessierte BesucherInnen ein Gespräch mit den KünstlerInnen führen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen