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In Köpenick brennt's länger

■ Abgeordnete fassungslos über Feuerwehrnotstand Im Ostteil fehlt die Technik/ Überall fehlt das Personal

Berlin. Den grünen Abgeordneten Wolfgang Wieland ergriff eine »gewisse Fassungslosigkeit«, nachdem Landesbranddirektor Wolfgang Scholz im Innenausschuß des Abgeordnetenhaus Bericht erstattet hatte. Eine der zwei Leitstellen im Ostteil stamme aus dem Jahr 1936, hatte Scholz geklagt, die Leitstelle des Westteils arbeite bis heute mit der Technik von 1967. In entlegenen Ortsteilen von Pankow und Köpenick seien die Fahrzeuge erst nach 20 bis 25 Minuten am Einsatzort, da diese beiden großen Bezirke nur über je eine Wache verfügten. Und 250 Stellen bei der Feuerwehr könnten nicht besetzt werden, weil qualifiziertes Personal fehle.

Die staunenden Abgeordneten, die erst aus der Presse von dem Feuerwehrnotstand erfahren hatten, beauftragten Innensenator Dieter Heckelmann (CDU-nah), in acht Wochen einen Bericht vorzulegen, wie den Mißständen abgeholfen werden könnte. Einige Ursachen der Misere, so Heckelmanns Staatssekretär Armin Jäger, seien in den Folgen der Vereinigung zu suchen. Während man im Westteil seit jeher auf die Berufsfeuerwehr setzte, spielten im Ostteil die freiwillige Feuerwehr zusammen mit den Werksfeuerwehren eine größere Rolle. Die Betriebe, so Jäger, hätten sich inzwischen aber häufig von ihren Brandbekämpfern »getrennt«.

Die Beschäftigten hätten von der Gesamtberliner Feuerwehr oft nicht übernommen werden können, da ihnen der nötige »Ausbildungsstand« fehle. Wegen »gesundheitlicher Mängel« — von der Sehschwäche bis zu Wirbelsäulenschäden — habe man von 90 Bewerbern nur zehn einstellen können, berichtete Scholz. Als »gesundheitlich untauglich« hätten sich auch 180 Mitarbeiter der Ostberliner Berufsfeuerwehr erwiesen. Sie würden jedoch im alten Umfang weiterbeschäftigt, ausgenommen 30 Männer, deren Tätigkeit auf bestimmte Aufgaben beschränkt worden sei. Nicht nur das Personal, sondern auch die Technik der Kollegen im Ostteil erschien den Westberliner Brandbekämpfern oft ungenügend. Von 367 Fahrzeugen wurden 200 ausgemustert. »Die Osttechnik war keine schlechte, aber ein Teil kam nicht durch den TÜV«, bedauerte Scholz. »Wir brauchen ein Beschaffungsprogramm für Fahrzeuge«, folgerte der Branddirektor, der gleich auch noch an die fehlende Westtechnik im Westteil erinnerte. Seit 15 Jahren fordere die Feuerwehr ein eigenes Einsatzleitsystem, bis heute vergeblich. hmt

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