: Der Blick auf die Opfer wurde ausgespart"
■ betr.: Jahrestag des Golfkrieges
betr.: Jahrestag des Golfkrieges
Der Krieg am Golf wurde von den öffentlich-rechtlichen Anstalten (ARD/ZDF) und den privaten Sendern in dem Moment vom Programm abgesetzt, als die Kehrseite des Krieges, die Zerstörung und das Leid, das schleichende Sterben offensichtlich wurde. Der Blick auf die Opfer wurde ausgespart.
Die Folgen des Krieges werden uns aber noch lange beschäftigen. Dieser Krieg war nicht irgendein Krieg in der leidvollen Geschichte aller Kriege, sondern er demonstrierte nach der Beendigung des Kalten Krieges den Krieg als offiziell gerechtfertigtes Mittel der Politik, sogar mit dem Einverständnis der Vereinten Nationen. Die UNO wurde von einem kriegsverhindernden Organ zu einem Kriegsführungsinstrument umfunktioniert.
Der Golfkrieg zeigt bei genauem Hinsehen, daß die sogenannten modernen High-Tech-Waffen viel grausamer sind, als uns die Kriegspropagandisten über die heimische Glotze weismachen wollten. Die Zerstörung der Infrastruktur bedeutet die Vernichtung der Lebensgrundlage der Bevölkerung: bomb today, die tomorrow. Dieser Krieg, der eine Abstrafungsaktion durch die westliche „freie Welt“ sein sollte, wurde nur durch umfangreiche Waffenlieferungen aus ihr ermöglicht. Schon im ersten Golfkrieg zwischen Iran und Irak haben zahlreiche Regierungen mit unglaublicher Skupellosigkeit beide Kriegsparteien durch ihre Waffenlieferungen „befriedet“ (Friedhof). Auf dieser Moral läßt sich keine zivile Politik einklagen.
Bis zum heutigen Tag haben die verantwortlichen Machtpolitiker jedoch nichts daraus gelernt: Waffen werden schon wieder — heimlich und offiziell — in den arabischen Raum geliefert. Lebensmittel werden sanktioniert, Waffen aber wieder exportiert. [...]
Der Golfkrieg darf deshalb nicht als glorreiches Kapitel von moralisch überlegenen Siegern in die Geschichte eingehen; das würde auch kommende Generationen belasten und zur Nachahmung führen. Allerdings gibt es keine offizielle politische Instanz (UNO, EG, nationale Parlamente, öffentlich-rechtliche Medien), die diesen Krieg heute infragestellt, weil sie durch ihn alle selbst moralisch belastet sind. Deshalb ist es notwendig, daß unabhängige BürgerInnen die Verantwortlihen dieses Krieges zur Rechenschaft ziehen, denn das Gedächtnis der Menschen für erduldete Leiden ist erstaunlich kurz.
Das International War Crimes Tribunal, das im Februar 1992 in New York stattfinden wird, ist eine weltweite Anstrengung friedensbewegter Menschen, um Kriegsursachen zu überwinden und um eine Kultur des Friedens zu entwickeln. Die Gesellschaft „Kultur des Friedens“ organisiert eine Delegationsreise zum Tribunal am 29.2.92 in New York. InteressentInnen melden sich bitte bei: Henning Zierock, Am Lustnauer
Tor 4, 7400Tübingen,
Tel.: 07071/52200
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