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»Seid ihr alle da?«

■ Eine bezaubernde Stunde mit Peter Cramers »Zaubertheater«

Bubu sitzt gemeinsam mit Sarah, Frederike und anderen Kindern auf dicken Kissen und starrt auf einen buntbemalten Kasper. Für eine Stunde darf Katharina den Kasper in ihren Armen halten, denn Katharina hat Geburtstag.

»Wer hat denn noch Geburtstag?« fragt Christel, die mit Peter Cramer zusammenarbeitet. Sofort setzt ein ohrenbetäubender Lärm ein, alle wollen einen Kasper in ihren Armen halten. Christel verteilt solange Holz- und Stoffpuppen, bis sich der Aufruhr gelegt hat.

Dann erzählt Christel die Geschichte von Emil, der mit Schlagsahne Fensterscheiben bemalt hat. »Macht man das?« fragt Christel. »Jaaaa!« lachen die Kinder. Der Zauberer wird herbeigeklatscht: Hinter dem Rücken muß man klatschen, sonst passiert da gar nix.

Peter der Zauberer stellt den Ha- Ha-Ha-Ha vor. Ihr wißt nicht, was das ist? Seid ihr aber dumm! Der Ha- Ha-Ha-Ha ist der ‘Hin und Her Hopsende Hering‚! Frederike darf mitzaubern. Ausgestattet mit Zauberhut und Zaubermantel, vermehrt sie kleine Plastikbälle.

Sarah zaubert ein Ei in eine Mütze, Thomas fügt zerschnittene Seile zusammen, und Jaqueline, eine Holzente, findet mit verbundenen Augen eine Spielkarte, die Pascal bestimmt hat! Wunder über Wunder, die wir einer aussterbenden Zunft verdanken — dem Zauberer.

Über Jahrhunderte wurden die Tricks nur mündlich überliefert, oft von einer Zauberergeneration zur anderen. Erst seit dem 15. Jahrhundert gibt es schriftliche Anleitungen. Peter Cramer zeigt mir nach einigem Zögern seinen großen Schatz an Zaubererliteratur. Die meisten Bücher sind nicht im freien Handel, sie werden über Spezialverlage nur an einen der weltweit rund 10.000 ausgewiesenen Zauberer verkauft. Deutsche Verlage sind kaum vertreten, obwohl die erste europäische Zaubererloge 1902 in Berlin gegründet wurde und Deutsch lange Zeit international die Sprache der Zauberer war. Heute sind es amerikanische und britische Häuser, die neue Tricks publizieren, führend ist die Firma »Magic Inc.«

Deutschland war nach dem Zweiten Weltkrieg kein gutes Pflaster für Zauberer. Mit Paul Roncalli änderte sich das ab 1976. Peter Cramer zaubert seit dreißig Jahren. »Eigentlich sind wir Straßenkünstler, nur mit einem Dach überm Kopf«, sagt er. Sein Theater besteht aus zwei gemütlich eingerichteten Räumen. An den Wänden hängen Plakate von »Freddy Quinn in Barnum«, dem Zirkus »Busch« und »Safari«, dem »London Mime Theatre« und »Captain Liptons Sea Lions«.

Auf dem Teppich liegen Spielsachen für die Kleinen herum, die Großen bekommen einen Kaffee.

Mittlerweile hält jedes Kind einen Luftballon in den Händen, die Peter Cramer in Giraffen, Blumen und Vögel verwandelt hat. Die bunten Ballons sind jedoch schnell vergessen, denn der Zauberer greift in ein Holzhaus, das für jeden sichtbar leer war: doch was mümmelt da in seinem Arm? Ein Kaninchen! Alle Kinder springen von ihren Sitzen auf und wollen es streicheln. Während Peter Cramer Konfetti in die Luft wirft und eine Geschichte über die Sonne erzählt, die sich im All verlief, hoppelt Meister Lampe zwischen den Kindern umher. Gemeinsam werden noch Zauberkekse gebacken (unter uns: Mehl, Zucker und Zaubersalz!), dann ist es Zeit, zu gehen.

Peter Cramer gibt uns noch Kekse mit auf den Weg. Bubu, Sarah und die anderen hatten einen wundervollen Nachmittag. W.

Cramers Zaubertheater, Weisestraße 38, Neukölln, So 16 Uhr. Unbedingt vorbestellen: 4636144

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